Michael Löher im Gespräch mit Franziska Weidinger (Ministerin für Justiz und Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt) und Simone Boris (Oberbürgermeisterin Magdeburg)

Am 15. und 16. Januar 2025 sprach Michael Löher im Rahmen seines Antrittsbesuchs mit Ministerin Franziska Weidinger und Oberbürgermeisterin Simone Boris in Magdeburg. Löher, der im November 2024 die Präsidentschaft im Deutschen Sozialgerichtstag e.V. (DSGT) von Dr. Miriam Meßling (Richterin des Bundesverfassungsgerichts) übernahm, informierte über die Arbeit des DSGT und die aktuellen Themenschwerpunkte.

Im Gespräch mit Justizministerin Weidinger kam die Situation der Sozialgerichtsbarkeit bundesweit und in Sachsen-Anhalt zur Sprache. Beide waren sich darin einig, dass es zwingend erforderlich sei, eine bürgernahe Gerichtsbarkeit aufrecht zu erhalten und die Verfahrensdauer jeglicher Gerichtsverfahren im Sinne der Bürgerinnen und Bürger so kurz wie möglich zu gestalten. Löher verwies auf eine Stellungnahme des DSGT zu Konzentrationsbestrebungen in Schleswig-Holstein und machte deutlich, dass – bei allem Verständnis für Sparmaßnahmen – die Sichtbarkeit und Erreichbarkeit der Justiz ein hohes Gut seien und dem Rechtsfrieden dienten. Auch Ministerin Weidinger sprach sich gegen eine zu intensive Konzentration von Gerichten aus, die Menschen müssten ihre Gerichte wahrnehmen und auch aufsuchen können.

Gegenstand des Gesprächs war außerdem die gerichtliche Zuständigkeit für ein künftiges Kinder- und Jugendhilfeinklusionsgesetz (SGB VIII). Löher wies auf die Beschlusslage des DSGT hin. Dieser spricht sich für eine Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit wegen der sachlichen Nähe zum Sozialrecht aus.

Löher bedauerte, dass das Sozialrecht in der juristischen Ausbildung oft nicht den Stellenwert habe, der der Wirkung und Wichtigkeit des Sozialrechts und der zahlreichen Sozialgesetzbücher entspräche. Offene Baustellen seien in zahlreichen Bundesländern Digitalisierungsfragen. Auch der Einsatz von künstlicher Intelligenz brächte neue Herausforderungen. Er wies auf Veranstaltungen des DSGT zum Einsatz von künstlicher Intelligenz im sozialrechtlichen Verfahren hin.

Ministerin Weidinger, Oberbürgermeisterin Boris und Präsident Löher sprachen zudem intensiv über die Folgen der Anschläge auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sowie über die Anwendung und Umsetzung des gerade erst reformierten Opferentschädigungsgesetzes (SGB XIV). Allen Betroffenen solle möglichst zeitnah und unbürokratisch geholfen werden. Etliche Maßnahmen seien von verschiedenen Seiten bereits eingeleitet. Die Vielzahl der Betroffenen stelle eine große Herausforderung dar. Im Anwendungsbereich des SGB XIV könne es, wie bei nahezu allen Gesetzen, Definitions- und Auslegungsfragen geben. Erörtert wurde, dass Verwaltung und Gerichte insbesondere die Sachverhaltsermittlung und die Klärung von Kausalitätsfragen beschäftige. Insbesondere sei es problematisch, dafür medizinische Gutachterinnen und Gutachter zu finden. Ministerin Weidinger und Präsident Löher waren sich einig zu prüfen, ob der DSGT hier nicht in Teilen helfen könne. Konkret wurde eine gemeinsame Fachveranstaltung des DSGT und des Justizministeriums Sachsen-Anhalt ins Auge gefasst, die opferentschädigungsrechtliche Fragen für Verwaltung und Gerichtsbarkeit in den Mittelpunkt stellt. Eine solche Veranstaltung befindet sich derzeit in Planung.