Positionspapier des Deutschen Sozialgerichtstages e.V. (DSGT) zur Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz
Positionspapier des Deutschen Sozialgerichtstages e.V. (DSGT) zur Unterstützung des im Koalitionsvertrag vom 10. Dezember 2021 von den Parteien der Ampelkoalition vereinbarten Vorhabens, die Kinderrechte ausdrücklich im Grundgesetz verankern und sich dabei maßgeblich an den Vorgaben der UN-Kinderrechtekonvention orientieren zu wollen, dafür einen Gesetzentwurf vorzulegen und zugleich das Monitoring zur Umsetzung der UN-Kinderrechtekonvention auszubauen.[1]
In der vorangegangenen Legislaturperiode (2017-2021) war die von der großen Koalition beabsichtigte Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz gescheitert. Das lag unter anderem an den nicht mehrheitsfähigen Formulierungen im Gesetzesvorschlag.
Die Grünen hätten eine deutlich weitergehende Regelung durchsetzen wollen, um den Interessen von Kindern mehr Gewicht zu verleihen. Die Union habe das abgelehnt, weil sie befürchtet habe, dass die Rechte von Eltern dadurch zu stark eingeschränkt werden könnten. Für die Union sei zentral gewesen, dass das „Dreiecksverhältnis von Kind, Eltern und Staat nicht zulasten der Familie verschoben wird“, sagte Thorsten Frei (CDU) der SZ. „Das war für uns eine rote Linie.“ [2]
Für die aktuelle Legislaturperiode 2021- 2025 vereinbarten die Parteien der Ampelkoalition im Koalitionsvertrag vom 10. Dezember 2021 – unter Berufung auf die UN-Kinderrechtekonvention – ebenfalls die Verankerung der UN-Kinderrechte im Grundgesetz. Offenbar besteht zwar wiederum ein breiter Konsens in Politik und Gesellschaft für die beabsichtigte Grundgesetzänderung.[3] Ob dieser Konsens aber dieses Mal ausreicht, um die für eine Grundgesetzänderung erforderliche 2/3 Mehrheit der Mitglieder des Bundestages zu mobilisieren, ist dennoch ungewiss.
Ein fundierter Formulierungsvorschlag setzt bei diesem schwierigen Themenfeld auf jeden Fall voraus, dass alle zentralen Prämissen und Begriffe, die in dem „Dreiecksverhältnis von Kind, Eltern und Staat“ zu berücksichtigen sind, so exakt bestimmt werden, dass es keinen vernünftigen Dissens mehr geben dürfte.
Der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. (DSGT), der sich als interdisziplinärer Fachverband auf allen Gebieten des Sozialrechts in die rechtspolitische Debatte einbringt, sieht sich deshalb berufen, junge Menschen als soziale Wesen in den Blick zu nehmen und die Bedeutung der Kindergrundrechte für ihre sozialpolitische Stellung näher zu beleuchten. Der DSGT legt mit dieser Positionierung eine interdisziplinäre Betrachtung verschiedener Fragestellungen aus dem Kontext der Kinderrechte vor, mit dem Ergebnis, einen konkreten Formulierungsvorschlag für die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz zu erarbeiten, der möglichst mehrheitsfähig ist.
Der DSGT bezieht bei dieser Positionierung die Ergebnisse des „Grundsatzpapiers zur Verwirklichung der Kinder- und Jugendhilfe als staatliche und gesamtgesellschaftliche Zukunftsaufgabe“ des Deutschen Sozialgerichtstages e.V. (DSGT) vom 21. August 2021 ein, das wiederum an das Positionspapier der SGB VIII-Kommission des DSGT e.V. vom 18. März 2018 anschließt.
Berlin und Potsdam, Juni 2023
Themenübersicht:
A. Prämissen
I. Warum das Thema „Kinderrechte ins Grundgesetz“ von grundsätzlicher gesellschaftspolitischer Bedeutung für das Aufwachsen von Kindern in Deutschland ist.
Reinhard Wiesner
Bei dem Thema „Kinderrechte ins Grundgesetz“ steht die Altersgruppe von der Geburt bis zur Volljährigkeit im Mittelpunkt. Die Verselbstständigung und eine autonome Lebensführung sind aber vielfach auch zum Zeitpunkt der Volljährigkeit noch nicht für alle jungen Menschen gewährleistet.
Der Aussage im Koalitionsvertrag folgend, die Kinderrechte ausdrücklich im Grundgesetz verankern zu wollen und sich dabei maßgeblich an den Vorgaben der UN-Kinderrechtekonvention zu orientieren, steht für den Sozialgerichtstag die Ausgestaltung bzw. verfassungsrechtliche Absicherung der drei Kategorien: Schutzrechte – Förderrechte– Beteiligungsrechte im Mittelpunkt.
Wenn auch das Grundgesetz bereits bisher von „allen Deutschen“ oder „allen Menschen“ spricht und damit auch Kinder und Jugendliche einbezieht, so unterscheidet sich die Lebenslage Kindheit von der Lebenslage autonomer Erwachsener und bedarf daher auch einer verfassungsrechtlich spezifischen Betrachtung. Erste Schritte in diese Richtung hat bereits das Bundesverfassungsgericht getan, indem es beginnend mit seiner Grundsatzentscheidung vom 29. Juli 1968 spezifische Kindergrundrechte entwickelt hat (so zuletzt das Recht auf schulische Bildung – BVerfG vom 19.11.2021).
Ein besonders sensibles Thema bei der Formulierung bzw. Ausgestaltung von Kindesgrundrechten sind etwaige Folgen für die Ausgestaltung des Dreiecks Eltern-Kind-Staat. Ausgehend von der Feststellung, dass Kinder- und Elternrechte nicht gegeneinander gerichtet, sondern aufeinander bezogen sind (Elternrecht als fremdnütziges Recht im Interesse und zum Wohl des Kindes) sollte die ausdrückliche Verankerung von Kinderrechten weder darauf abzielen noch im Ergebnis dazu führen, dass die derzeitige Balance zwischen der vorrangigen Elternverantwortung und dem akzessorischen, subsidiären staatlichen Wächteramt verändert wird. Gleichzeitig beschränkt sich aber die staatliche Verantwortung nicht auf den Schutz des Kindes vor Gefahren für sein Wohl, sondern umfasst die Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, dass Eltern ihrer Erziehungsverantwortung unabhängig von ihrer wirtschaftlichen und sozialen Lebenslage auch gerecht werden können. Nach Ansicht des Sozialgerichtstags zielt eine Aufnahme von Kindergrundrechten in das Grundgesetz darauf, dass damit die Lebenslage von Kindern in ihren Familien verbessert wird.
Gleichzeitig darf bei der Formulierung und der Wahl des Standorts im Grundgesetz der Blick nicht auf das Dreieck Eltern-Kind-Staat verengt werden, sondern muss den Kindesgrundrechten auch im Hinblick auf den Schutz von Kindern außerhalb des Verantwortungsbereichs der Eltern sowie im Hinblick auf den Erziehungsauftrag der Schule Geltung verschaffen. Die Gesetzgebungskompetenz der Länder für den Bereich Schule befreit diese nicht von der Beachtung der Grundrechte von Eltern und Kindern, was das BVerfG ja erst jüngst durch die Kreation des Rechts auf schulische Bildung unter Beweis gestellt hat (BVerfG vom 19.11.2021).
II. Eine Verankerung der UN-Kinderrechte im Grundgesetz hat lediglich deklaratorische Wirkung.
Sigrun von Hasseln-Grindel
Die Diskussionen um die Verankerung der UN-Kinderrechte könnten konstruktiver geführt werden, wenn alle Beteiligten verinnerlicht hätten, dass durch die Verankerung der UN-Kinderrechte weder die Rechte von Eltern eingeschränkt noch das „Dreiecksverhältnis von Kind, Eltern und Staat zulasten der Familie verschoben“ würden.
Denn die Verankerung der UN-Kinderrechte im Grundgesetz hat keine konstituierende Wirkung[4], sondern nur eine deklaratorische Wirkung[5].
Schließlich ändert die Verankerung der UN-Kinderrechte nichts an der bestehenden Rechtslage, sondern bezeugt und konkretisiert sie nur.
II.1. Zwischen den Eltern als Grundrechtsträgern und ihren Kindern als Grundrechtsträgern besteht schon seit über 70 Jahren kein Über-Unter-Ordnungsverhältnis.
Immerhin ist das Kind seit Inkrafttreten des Grundgesetzes am 24. Mai 1949 bereits mit seiner Geburt ein im vollen Umfang berechtigter Grundrechtsträger, das seinen Eltern von Geburt an als Person mit einer eigenen grundgesetzlichen Position, ausgestattet mit Menschenwürde und Grundrechten, gegenübersteht. Das Bundesverfassungsgericht hat schon vor 55 Jahren in seinem Beschluss vom 29. Juli 1968[6]ausdrücklich klargestellt, dass Kinder selbst Grundrechtsträger sind.
II.2. Meist gibt es keine Probleme durch das grundgesetzlich bestimmte Verhältnis zwischen Eltern und Kindern.
In der Regel verläuft das Verhältnis zwischen beiden Grundrechtsträgern harmonisch.
Eltern ist das Kind zunächst mit Leib und Leben und allen Entfaltungsmöglichkeiten der Freiheit anvertraut. Solange das Kind seine (Grund-)Rechte nicht eigenverantwortlich ausüben kann, werden diese von seinen Eltern (unter Aufsicht des Staates) in seinem Interesse wahrgenommen.
In dem Maße, in dem es zu Einsichtsfähigkeit und Selbstverantwortung erwächst, bildet sich das Elternrecht zurück, um bei Erreichung der Volljährigkeit gänzlich zu erlöschen.
II.3. Im Konfliktfall müssen sich die Gerichte schon seit über 70 Jahren um eine Konkordanz der Grundrechte von Elternteil und Kind bemühen.
Sollte es im Einzelfall zu einem Konflikt kommen, haben die Gerichte etwa eine Umgangsentscheidung zu treffen, „sind sowohl die Grundrechtspositionen der Eltern aus Art. 6 Abs. 2 GG als auch das Wohl des Kindes und dessen Individualität als Grundrechtsträger zu berücksichtigen. Die Gerichte müssen sich daher im Einzelfall um eine Konkordanz der Grundrechte von Elternteil und Kind bemühen“.[7]
II.4. Durch eine Verankerung der UN-Kinderrechte im Grundgesetz werden die Elternrechte nicht ausgehöhlt.
Die Verankerung der UN-Kinderrechte im Grundgesetz dient also lediglich dazu, den ohnehin seit über 70 Jahren bestehenden umfassenden Grundrechtsschutz des Kindes nach Maßgabe der UN-Kinderrechtekonvention zu definieren – insbesondere durch Konkretisierung von Schutzrechten sowie durch Benennung von Förderrechten und Teilhaberechten.
Durch eine Verankerung der UN-Kinderrechte im Grundgesetz werden weder die Elternrechte ausgehöhltnoch wird das Dreiecksverhältnis von Kind, Eltern und Staat zulasten der Familie verschoben.
Die Verankerung der UN-Kinderrechte im Grundgesetz kann aber zahlreiche (Rechts-) Streitigkeiten verhindern und in den öffentlichen Haushalten dazu beitragen, dass Schutz-, Förder- und Teilhaberechte von Kindern als Pflichtleistungen und nicht länger als freiwillige Leistungen zu behandeln sind.
III. Welche Schutz-, Förder- und Teilhaberechte von Kindern sollen im Grundgesetz unter Bezugnahme auf die UN-Kinderrechtekonvention konkretisiert werden?
Reinhard Wiesner
Ausgangspunkt sind die Vorgaben im Koalitionsvertrag:
„Wir wollen die Kinderrechte ausdrücklich im Grundgesetz verankern und orientieren uns dabei maßgeblich an den Vorgaben der UN-Kinderrechtekonvention. Dafür werden wir einen Gesetzesentwurf vorlegen und zugleich das Monitoring zur Umsetzung der UN-Kinderrechtekonvention ausbauen.“
Demnach sollen die Vorgaben der UN-Kinderrechtekonvention die Grundlage für eine Regelung der Kinderrechte im Grundgesetz darstellen. Dabei ist jedoch im Blick zu behalten, dass die Konvention ein völkerrechtliches Kompendium darstellt, das insgesamt 54 Artikel erfasst. Es geht also darum, aus diesem Gesamtspektrum der Konvention die kinderrechtlichen Grundprinzipien zu identifizieren und diese im Katalog der Grundrechte (Art. 1 bis 19 GG) am rechtssystematisch richtigen Ort zu verankern.
Bei den Grundprinzipien handelt es sich um
- das Recht auf Nicht-Diskriminierung (Artikel 2 UN-KRK),
- den Vorrang der Berücksichtigung des Kindeswohls -best interests of the child-(Artikel 3 Absatz 1 UN-KRK),
- das Recht des Kindes auf Leben und Entwicklung (Artikel 6 UN-KRK)
- das Recht auf Gehör und Berücksichtigung der Meinung des Kindes -Beteiligung-(Artikel 12 UN-KRK),
- das Recht auf schulische Bildung (Art. 28/29 UN-KRK)
Dabei ist zu prüfen, inwieweit diese Vorgaben als Grundrechte oder als sog. Staatszielbestimmungen zu formulieren sind.
Wie auch die Bundesregierung hervorhebt, soll mit der Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz das sensible Dreieck Eltern – Kind – Staat nicht zulasten der Eltern angetastet werden. Vielmehr sollen mit der Stärkung der Interessen der Kinder zugleich auch Eltern und Familien gestärkt werden. Sie sollen damit die notwendige Unterstützung erhalten, um ihre elterliche Erziehungsverantwortung zum Wohl des Kindes auszuüben. Dies stimmt mit den in der UN-Kinderrechtekonvention geregelten Elternrechten überein: Nach Artikel 5 der Kinderrechtekonvention sind die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Eltern zu achten: Artikel 18 Absatz 1 der Kinderrechtekonvention gewährleistet die Verantwortung der Eltern für das Kindeswohl.
Gleichzeitig ist festzuhalten, dass die Eltern (zwar) die primäre Erziehungsverantwortung tragen, der Staat aber neben dem sog. Wächteramt (im Hinblick auf die elterliche Erziehung) einen eigenständigen Erziehungsauftrag in der Schule hat und zudem zum Schutz der Kinder auch und gerade außerhalb des Verantwortungsbereichs der Eltern verpflichtet ist. Deshalb dürfen Kindesgrundrechte nicht nur in Bezug zum Elternrecht gesehen werden, was beim Standort der Regelung im Grundgesetz zu berücksichtigen ist.
B. Begriffe
Auch wenn der Verankerung der UN-Kinderrechte im Grundgesetz keine konstituierende Bedeutung zukommt, widmen wir uns einigen Begriffen wie Elternrecht, Erziehung und Kindeswohl, die erfahrungsgemäß immer wieder zu streitigen Diskussionen führen. Wir hoffen, dadurch zur Versachlichung von Debatten und zur Vermeidung überflüssiger Streitigkeiten beitragen zu können. Die Tatsache, dass sich auch in diesem Positionspapier teilweise zwei Personen zu einem Begriff äußern, zeigt die vielen Ansatzpunkte, Blickwinkel und Aspekte, die sich i.d.R. nicht ausschließen, sondern ergänzen.
B1. Das Elternrecht
B1.1. Das Elternrecht im gesellschaftlichen Bewusstsein gestern und heute und seine Einbindung im internationalen und nationalen Menschenrechtsschutz
Sigrun von Hasseln-Grindel
I. Das Elternrecht im gesellschaftlichen Bewusstsein gestern und heute
In antiken Rechtsauffassungen galt das Kind als Eigentum seines Erzeugers und unterlag seiner unbeschränkten Verfügungsgewalt. Selbst in der Aufklärung änderte sich das kaum. So enthalten weder die Menschenrechtsdeklarationen und noch die Grundrechtskataloge des 18. und 19. Jh. ein Elternrecht. [8]
Ein Eltern-Recht, das zugleich auch immer eine Pflicht impliziert, wird erstmals in Art. 120 der Weimarer Reichsverfassung von 1919 als Grundrecht bzw. als Grundpflicht definiert: „Die Erziehung des Nachwuchses zur leiblichen, seelischen und gesellschaftlichen Tüchtigkeit ist oberste Pflicht und natürliches Recht der Eltern, über deren Betätigung die staatliche Gemeinschaft wacht.“
Nach teilweise fundamentalen Erschütterungen im gesellschaftlichen Bewusstsein der dreißiger und der ersten Hälfte der vierziger Jahre des letzten Jahrhunderts und nach der Stunde Null am 8. Mai 1945 arbeitete von September 1948 bis Juni 1949 der in Bonn tagende Parlamentarische Rat im Auftrag der drei westlichen Besatzungsmächte Großbritannien, Frankreich und Amerika das Grundgesetz für eine Bunderepublik Deutschland aus. Dieses wurde nach Verkündung der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 in Paris, nach Genehmigung der Militärgouverneure der Besatzungszone und nach Annahme durch die Mehrheit der Länderparlamente am 23. Mai 1949 verkündet.
Dieses Grundgesetz bestimmt in Art. 6 Abs. 2 ein Elternrecht wie folgt: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.“
Nach den Erfahrungen der Bevölkerung mit staatlichen Willkürakten in der NS-Zeit zum Nachteil ihrer Kinder wurde das Wächteramt des Staates in der Bevölkerung teilweise sehr kritisch gesehen. Heute gibt es zum Teil größte Vorbehalte gegenüber Jugendämtern, Schul- und Gesundheitsbehörden sowie anderen staatlichen Stellen mit manchmal verheerenden Folgen[9].
War und ist die „Zweierbeziehung“ zwischen Eltern einerseits und Staat andererseits im Bewusstsein der Bevölkerung schon konfliktbeladen genug, trat mit dem Grundgesetz vom 23. Mai 1949 das Kind als dritter, gleichberechtigter Partner auf Augenhöhe hinzu, so dass aus der „Zweierbeziehung“ eine „Dreierbeziehung“ wurde. Das folgt ausdrücklich aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz als „unmittelbar geltendes Recht“, wonach „alle Menschen vor dem Gesetz gleich“ sind.
Damit wuchs das Kind zwar rechtlich vom „bloßen Objekt des Elternrechts“ zum eigenständigen Grundrechtssubjekt, auch wenn es noch nicht fähig ist, seine Grundrechte auszuüben und deshalb Bevollmächtigte braucht. Das aber ist im Bewusstsein der Bevölkerung bis heute teilweise nicht angekommen; manchmal will die Bevölkerung das nicht akzeptieren. Schließlich ist die gesetzliche Kodifizierung eines gleichen Rechts von Eltern und Kindern so neu nicht. Immerhin bestimmt § 1 des am 1. Januar 1900 in Kraft getretenen Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) „Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.“ Auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, in der ausdrücklich bestätigt wurde, dass Kinder selbst Grundrechtsträger sind und Anspruch auf den Schutz des Staates haben, ist bereits über 50 Jahre alt (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Juli 1968, 1 BvL 20/63, 31/66 und 5/67, BVerfGE 24, 119 ff). Und selbst die UN-Kinderrechtekonvention ist bereits über 30 Jahre alt. Letztlich sind Vorbehalte in der Elternschaft auch gegenüber Literatur festzustellen, die Kinder über ihre gesetzlichen Rechte und Pflichten aufklärt, wie etwa der Jugendrechtsberater[10].
Außerdem leben wir inzwischen in einer Gesellschaft, in der zahlreiche Kulturen zu Hause sind. In einigen Kulturen sind Kinder nicht Träger eigener Rechte und Pflichten. Eltern betrachten ihre Kinder zuweilen sogar als ihr Eigentum[11].
Die Rolle der Eltern, ihre Rechte und Pflichten im gesellschaftlichen Bewusstsein weichen also zum Teil vom geltenden Recht ab. Deshalb ist zu prüfen, was das geltende Recht im Einzelnen zum Elternrecht konkret regelt und ob, in welchen Bereichen und wie Möglichkeiten bestehen, Kompatibilität zwischen dem Bewusstsein in der Bevölkerung und dem geltenden Recht herzustellen.
II. Die Einbindung des Elternrechts im internationalen und im nationalen Menschenrechtsschutz sowie in sonstigen Gesetzen
II.1. Rechte und Pflichten von Eltern in Internationalen Übereinkommen
II.1.1. Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948
In der UN MRK ist bezogen auf Elternrechte geregelt:
- Art. 25 Abs. 2. Mütter und Kinder haben Anspruch auf besondere Fürsorge und Unterstützung.
- Art 26 Abs. 3. Die Eltern haben ein vorrangiges Recht, die Art der Bildung zu wählen, die ihren Kindern zuteilwerden soll.
II.1.2. UN-Kinderrechtekonvention
In der UN-Kinderrechtekonvention ist bezogen auf Elternrechte geregelt:
- Artikel 5: Respektierung des Elternrechts
Die Vertragsstaaten achten die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Eltern oder gegebenenfalls, soweit nach Ortsbrauch vorgesehen, der Mitglieder der weiteren Familie oder der Gemeinschaft, des Vormunds oder anderer für das Kind gesetzlich verantwortlicher Personen, das Kind bei der Ausübung der in diesem Übereinkommen anerkannten Rechte in einer seiner Entwicklung entsprechenden Weise angemessen zu leiten und zu führen.
II.1.3. Charta der Grundrechte der Europäischen Union
In der EU-Grundrechtecharta ist bezogen auf Elternrechte geregelt:
- Art. 14. Recht auf Bildung
(3) Die Freiheit zur Gründung von Lehranstalten unter Achtung der demokratischen Grundsätze sowie das Recht der Eltern, die Erziehung und den Unterricht ihrer Kinder entsprechend ihren eigenen religiösen, weltanschaulichen und erzieherischen Überzeugungen sicherzustellen, werden nach den einzelstaatlichen Gesetzen geachtet, welche ihre Ausübung regeln.
- Artikel 33. Familien- und Berufsleben
(1) Der rechtliche, wirtschaftliche und soziale Schutz der Familie wird gewährleistet.
(2) Um Familien- und Berufsleben miteinander in Einklang bringen zu können, hat jeder Mensch das Recht auf Schutz vor Entlassung aus einem mit der Mutterschaft zusammenhängenden Grund sowie den Anspruch auf einen bezahlten Mutterschaftsurlaub und auf einen Elternurlaub nach der Geburt oder Adoption eines Kindes.
- Artikel 34. Soziale Sicherheit und soziale Unterstützung
(1) Die Union anerkennt und achtet das Recht auf Zugang zu den Leistungen der sozialen Sicherheit und zu den sozialen Diensten, die in Fällen wie Mutterschaft, Krankheit, Arbeitsunfall, Pflegebedürftigkeit oder im Alter sowie bei Verlust des Arbeitsplatzes Schutz gewährleisten, nach Maßgabe des Unionsrechts und der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten.
Ergebnis: Weder die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte noch die die UN-KRK noch die EU-Grundrechtecharta formulieren konkrete Aufgaben, Rechte und Pflichten von Eltern. Vielmehr legen sie jeweils als Rahmenkonventionen nur Rechtsgrundlagen und -rahmen fest. Weitere Verträge bzw. die Gesetzgebung in den Mitgliedsstaaten sorgen für ihre Ausgestaltung und Ergänzung. Allerdings stößt die Regelungskompetenz durch die Mitgliedsstaaten dann an eine Schranke, wenn Kinder aufgrund des innerstaatlichen Rechts Nachteile erleiden könnten.
Beispiel: In einem Mitgliedsstaat wäre noch das körperliche Züchtigungsrecht für Eltern gesetzlich erlaubt[12]. Dann könnte ein solches Gesetz aufgrund der Geltung des höherrangigen Rechts verboten werden.
II.2. Rechte und Pflichten von Eltern im nationalen Menschenrechtsschutz
Mit dem Satz in Art. 6 Absatz 2 GG: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht“ formuliert auch das Grundgesetz keine juristische Legaldefinition dafür, was das Elternrecht inhaltlich tatsächlich ist. Überwiegend besteht die Meinung, dass damit die Sorge für das leibliche, geistige und seelische Wohl der Kinder gemeint ist, sowie die Freiheit, die Erziehungsziele und -wege zu bestimmen. Dieses Verständnis beruht nach der o.a. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Juli 1968 auf der Annahme, „dass diejenigen, die einem Kinde das Leben geben, von Natur aus bereit und berufen sind, die Verantwortung für seine Pflege und Erziehung zu übernehmen“ [13].
Doch auch nach diesen Definitionen ist das Elternrecht nicht konkret bestimmt und bleibt ein unbestimmter Rechtsbegriff. Teilweise wird das Elternrecht denn auch als „Naturrecht“ gesehen,[14] was nicht unproblematisch sein dürfte.[15] Denn das Naturrecht kann vom jeweiligen Zeitgeist mit der dahinterstehenden Ethik und Moral abhängig sein.[16] Gehörte es im Mittelalter zu den Erziehungstugenden, Söhnen die Verteidigung der Ehre mit dem blutigen Schwert zu lehren, so gehört es heute zu den Standards einer guten Erziehung, Kindern Deeskalationstechniken, z.B. durch Mediation zu vermitteln. Auf einer solchen Basis können Diskussionen – vor allem im parteipolitischen Raum – schnell dazu führen, dass sachliche Arbeitsebenen verlassen und Emotionen beflügelt werden.
II.3. Rechte und Pflichten von Eltern in sonstigen Gesetzen
Da weder Internationale Übereinkommen (UN-MRK, UN-KRK, EU-Charta) noch das Grundgesetz eine juristische Legaldefinition für wichtige Schlüsselbegriffe wie „das natürliche Recht der Eltern“ oder „Pflichten der Eltern“ bereithalten, das Case Law nur Einzelfälle regelt, sollten wir versuchen, aus der Vielzahl der Module in sonstigen Gesetzen (z.B. BGB, SGB VIII) einen gemeinsamen Nenner zu finden, der das Elternrecht so konkreter beschreibt, dass sich die Beschreibung einer juristischen Legaldefinition nähert und Überzeugung vermitteln kann.
Konkretisierende Normen zu Art. 6 Abs. 2 GG befinden sich zum Beispiel im
- Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) z.B. §§ 1626, 1631, 1666, 1666a, 1697a BGB
- Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG), z.B. §§ 151, 152, 153 FamFG
- Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII), z.B. § 1 SGB VIII
B1.2. Die gesetzlichen Regelungen des Elternrechts in der Bundesrepublik Deutschland im Dreiecksverhältnis von Kind, Eltern und Staat[17]
Reinhard Wiesner
I. Elternrecht
I.1. Zur Besonderheit des Elternrechts
„Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht“. (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG).
Die Gewährleistung des „natürlichen“ Rechts der Eltern zur Pflege und Erziehung ihrer Kinder nimmt unter den Grundrechten einen besonderen Platz ein. So ist das Elternrecht einerseits wie die meisten Grundrechte ein Abwehrrecht, das die Freiheitssphäre des Bürgers (der Eltern) vor unberechtigten Eingriffen des Staates bewahrt. Private soziale Gemeinschaften wie die Familie sind wichtige Orte, an denen Menschen ihre Persönlichkeit im Zusammenleben mit anderen entfalten. Darum wird dieser soziale Raum vor staatlicher Regulierung nicht vollständig, aber doch sehr weitgehend geschützt.
Das Elternrecht ist die Reaktion der Rechtsordnung auf die gleichermaßen biologische wie soziale Herausforderung, dass das Kind ohne fremde Hilfe und Sorge, ohne Schutz und Beistand weder lebens- noch freiheitsfähig ist, und dass es „des Schutzes und der Hilfe bedarf, um sich zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft zu entwickeln“ (so schon BVerfGE 24,119, 144; st.Rspr.). Diese notwendige Lebens- und Freiheitshilfe für das Kind weist das Grundgesetz primär den Eltern als Kompetenz zu – in der Annahme, dass „diejenigen, die einem Kind das Leben geben, grundsätzlich von Natur aus bereit und berufen sind, die Verantwortung für seine Pflege und Erziehung zu übernehmen“ (BVerfGE 108, 82,100; st.Rspr.). Maßgeblich sind also die elterlichen Erziehungsvorstellungen, denn das Grundgesetz geht davon aus, dass niemand dem Kind so nahesteht wie die eigenen Eltern, ihm dort in der Regel alles zuteil wird, was es für sein Wohl benötigt und deshalb das Kindeswohl in aller Regel bei ihnen auch am besten aufgehoben ist. Das Bundesverfassungsgericht hat die Formulierung geprägt, das Grundgesetz gewähre Eltern einen Vertrauensvorschuss: Sie seien regelmäßig die Personen, denen das Wohl des Kindes am meisten am Herzen liege. Den Eltern gebührt (deshalb) im Hinblick auf das Kindeswohl ein Interpretations- und Implementationsprimat.
Das Elternrecht dient – im Gegensatz zu allen anderen Grundrechten – nicht primär der Selbstbestimmung der berechtigten Person, hier also der Eltern, sondern ist zuvörderst fremdnützig ausgerichtet. Die primäre Kindesnützlichkeit des Elternrechts darf ihrerseits jedoch nicht in der Forderung nach Selbstverleugnung der Eltern fehlgedeutet werden. Das Kindeswohl steht immer in einer Wechselwirkung mit dem Eltern- bzw. Familienwohl. Es kann deshalb nicht als isolierbarer Faktor gedacht werden, sondern steht den Eltern auch um ihrer selbst willen zu (Britz FamRZ 2015, 793, 794). „Elternschaft, Erziehung und allgemein ein Leben mit Kindern sind elementare Ausdrucksformen der Persönlichkeitsentfaltung. Daher ist es gerechtfertigt, sie jedenfalls auch im Interesse der Eltern gegen Eingriffe des Staates zu schützen. Es verkennt mithin die verfassungsrechtliche Stellung der Eltern, wenn man das Elternrecht allein als fremdnützig oder treuhänderisch begreift“ (Wapler 2015 S. 119 mwN).
Elternrecht und Kindesrechte sind nicht gegeneinander gerichtet, sondern aufeinander bezogen. Ein Ansatz, der demgegenüber Eltern- und Kindergrundrechte als konkurrierende und kollidierende Freiheits- und Interessensphären einander entgegen setzt, würde zwangsläufig zu einer Auflösung des elterlichen Erziehungsrechts führen, da die Wahrung der (dann) das Elternrecht begrenzenden Kindesgrundrechte nicht den Eltern selbst anvertraut werden könnte, sondern einem permanenten Vormund, also einer staatlich organisierten Instanz, überlassen werden müsste (so schon Böckenförde, 1980 S. 62).
Elternverantwortung ist demzufolge elterliche Rechtsmacht im Interesse und zum Wohl des Kindes.
Die Besonderheit des „Elternrechts“ als Elternverantwortung kommt darin zum Ausdruck, dass die Eltern
– dieses Recht als ihr Recht und ihre Pflicht in der Beziehung zu ihrem Kind wahrnehmen – neben den Aufgaben, die sie als Staatsbürger, Arbeitnehmer bz. Arbeitgeber und (Ehe)Partner zu erfüllen haben
– im Rahmen dieses Rechts auch die (Grund)Rechte ihrer Kinder und Jugendlichen gegenüber dem Staat und dritten Personen ausüben, weil und solange diese mangels Einsichts- und Urteilsfähigkeit nicht selbst in der Lage sind, von ihren (Grund)Rechten einen selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Gebrauch zu machen.
Dabei ist stets zu berücksichtigen, dass die Potentiale der Eltern zur Wahrnehmung ihrer Erziehungsverantwortung wesentlich durch die konkreten Lebensverhältnisse (Einkommen, Wohnen, Arbeiten, Migration, Trennung und Scheidung) geprägt werden und damit etwa ein Bedarf an Leistungen der Jugendhilfe, wie Hilfe zur Erziehung, häufig nur ein Symptom für prekäre Lebensverhältnisse ist, bei denen der Staat auf andere Weise fördernd und entlastend tätig werden muss (z.B. Sozialer Wohnungsbau, Kindergrundsicherung).
I.2. Grenzen des Elternrechts
Mit dieser Zielsetzung stößt das Elternrecht auch auf zwei Grenzen:
die Zielerreichung: „Als ein Recht, das um des Kindes und dessen Persönlichkeit willen besteht, liegt es in seiner Struktur begründet, dass es in dem Maß, in dem das Kind in die Mündigkeit hinein wächst, überflüssig und gegenstandslos wird“ (BVerfG). Es handelt sich hier um eine dynamische Grenze, der der Staat gegebenenfalls durch abgestufte oder gleitende Mündigkeitsregelungen gerecht wird. Den Weg zur Zielerreichung vermittelt das Leitbild der diskursiven Erziehung (§ 1626 Abs. 2 BGB).
die Zielverfehlung: Wenn Elternverantwortung elterliche Rechtsmacht im Interesse und zum Wohl des Kindes ist, dann können sich Eltern nicht mehr auf ihr Elternrecht berufen, wenn sie das Wohl des Kindes gefährden. Es ist dann Aufgabe des Staates, im Rahmen seines staatlichen Wächteramts (Art. 6 Abs.2 Satz 2 GG) als Ausfallbürge für das Kindeswohl zu agieren.
Diese Rechtslage entspricht den Staatenverpflichtungen aus der UN-Kinderrechtekonvention (UN-KRK). Auch sie sieht die Eltern in der primären Erziehungsverantwortung (Art. 5, Art. 18 UN-KRK). Sie verpflichtet den Staat einerseits, die elterlichen Rechte zu achten und andererseits, Kinder vor Gewalt und Gefahren in der Familie zu schützen (Art. 19 UN-KRK). Mit dem Leitbild der diskursiven Erziehung (§ 1626 Abs.2 BGB) wird dem Mitspracherecht des Kindes aus Art. 12 UN-KRK Rechnung getragen. Das Recht des Kindes aus Art. 12 UN-KRK wird also mit fortschreitender Entwicklung des Kindes immer bedeutender, während gleichzeitig das Recht der Eltern aus Art. 5 UN-KRK in entsprechendem Maße abnimmt. „Das Elternrecht ist das einzige Menschenrecht, dem eine Bestimmungsmacht über Dritte inhärent ist und das zum Ziel hat, sich im Laufe der Zeit selbst überflüssig zu machen“ (Schmahl, Kinderrechtekonvention Art. 5 Rn. 6)
II. Das staatliche Wächteramt
Werden die Eltern ihrer Erziehungsverantwortung – gleichviel ob verschuldet oder nicht – nicht gerecht und droht deswegen eine Beeinträchtigung, d.h. eine Gefährdung oder gar Schädigung des Wohls des Kindes, so obliegt es der staatlichen Gemeinschaft, diese Gefahr abzuwehren, respektive diese Störung zu beseitigen (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG).
Das staatliche Wächteramt ist auf die Elternverantwortung ausgerichtet: im Verhältnis zu ihr ist es sowohl subsidiär als auch akzessorisch. Steht die Kindeswohlbeeinträchtigung nicht im Zusammenhang mit dem Ausfall der Elternverantwortung, dann trifft den Staat eine Schutzpflicht für das Kind aus Art. 2 Abs. 2 GG. Ist das Kindeswohl gefährdet, so ist der Staat nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, die Pflege und Erziehung des Kindes sicherzustellen; das Kind hat insoweit einen grundrechtlichen Anspruch auf Schutz des Staates (zuletzt BVerfG 1 BvR 2569/ 16 vom 3. Februar 2017).
II. 1. Die Schwelle der Kindeswohlgefährdung
Ausgehend von dieser im Grundgesetz geregelten Aufgabe des Staates hat der Gesetzgeber die Gefährdung des Kindeswohls als Schwelle für staatliche Eingriffsmaßnahmen im Rahmen des staatlichen Wächteramts festgelegt (§ 1666 BGB; Kindeswohl als „negativer Standard“, Coester, Jugendamt 2008, 1). Die Definition der Kindeswohlgefährdung hat nicht nur Bedeutung als Signal für die Eltern, indem sie die Schranke bzw. Grenze für die Ausübung der elterlichen Erziehungsverantwortung bestimmt, sie ist vor allem die rechtliche Grundlage für die Pflicht des Staates, (weitere) Gefahren für das Wohl des Kindes abzuwehren und damit die Grundlage für das Handeln des Jugendamtes und des Familiengerichts in “Gefährdungssituationen“.
II.2. Gefahrabwendungsprimat der Eltern
Der Wortlaut des § 1666 BGB als Grundlage für den Eingriff in das Elternrecht setzt aber nicht nur die Feststellung einer Kindeswohlgefährdung voraus, sondern darüber hinaus zusätzlich die Feststellung, dass die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden (§ 1666 Abs. 1 BGB).
Damit kommt der sog. Gefahrabwendungsprimat der Eltern (Coester, Jugendamt 2008, 1,3: „Zweite Chance für die Eltern“) zum Ausdruck. Mit dieser Vorgabe wird die vergangenheitsbezogene Betrachtung der Gefährdungsursachen um die notwendige zukunftsorientierte Einschätzung des Beitrags, der von den Eltern zur Abwendung der Gefährdung zu erwarten ist, erweitert. (Schone S. 28). Auch die damit zusätzlich notwendige Einschätzung des elterlichen Potentials zur Gefahrenabwehr ist – wie die Feststellung der Kindeswohlgefährdung – kein beobachtbarer Sachverhalt, sondern das Ergebnis eines komplexen Abwägungsprozesses, der vor allem Bewertung und Prognose umfasst.
II.3. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Bevor der Staat Kinder von ihren Eltern trennt und damit einen besonders intensiven
Eingriff auch in das vom BVerfG entwickelte Kindesgrundrecht auf Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung (Britz JZ 2014, 1069) vornimmt, muss er nach Möglichkeit versuchen, durch helfende, unterstützende, auf Herstellung oder Wiederherstellung eines verantwortungsgerechten Verhaltens der Eltern gerichtete Maßnahmen sein Ziel zu erreichen. Das Kindesgrundrecht auf Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung verpflichtet den Staat im Grundsatz, Eltern, die ihre Elternverantwortung ohne Hilfe nicht wahrnehmen könnten, bei der (Wieder-)Erlangung ihrer Erziehungsfähigkeit und der Überwindung sonstiger Hindernisse zu unterstützen. Einfachgesetzliche Umsetzung hat dies insbesondere in den §§ 27 ff. SGB VIII (Hilfe zur Erziehung) gefunden.
III. Elternrecht und der Schlichtungsauftrag des Staates
Der Schlichtungsauftrag des Staates wird aktiviert, wenn eine Kollisionslage zwischen verschiedenen Elternrechtsträgern bezüglich desselben Kindes gegeben ist (Vater und Mutter streiten über die elterliche Sorge). Anders als das Wächteramt setzt der Schlichtungsauftrag nicht voraus, dass der Elternstreit das Kindeswohl gefährdet. Der Staat wird – anders als im Rahmen des Wächteramtes – nicht als „Miterzieher der Kinder“ und damit in Konkurrenz zu den Eltern tätig, sondern als „Schiedsrichter zwischen den streitenden Eltern“. Kommt es zu keiner Einigung zwischen den Eltern, so trifft das Familiengericht eine Entscheidung, „die dem Wohl des Kindes am besten entspricht“ (§ 1671 Abs. 1, Abs. 2 BGB). Dazu hat die Rechtsprechung verschiedene Sorgerechtskriterien entwickelt, anhand derer im Einzelfall entschieden wird.
IV. Elternrecht und schulisches Erziehungsmandat
Anders als das staatliche Wächteramt (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG) ist das schulische Erziehungsmandat gegenüber dem Elternrecht weder akzessorisch noch subsidiär, sondern eigenständig (Jestaedt/ Reimer, Art. 6 Abs. 2 und 3 Rn. 554). Der allgemeine Auftrag der Schule zur Bildung und Erziehung der Kinder ist, so das BVerfG, dem Elternrecht gleichgeordnet. Im Einzelfall ist nach dem Prinzip der Herstellung praktischer Konkordanz zu ermitteln, welcher Verfassungsbestimmung für die konkret zu entscheidende Frage das höhere Gewicht zukommt (Jestaedt/ Reimer, Art. 6 Abs. 2 und 3 Rn. 560).
B2. Der Begriff „Erziehung“ gestern und heute aus der Sicht der Sozialpädagogik
Gerda Simons
I. Die historischen Wurzeln von Erziehung im europäischen Projekt der Moderne
In der europäischen Geschichte gilt Rousseau (1712 – 1778) als der Begründer des für die Gesellschaft der Moderne typischen Erziehungsverständnisses. Danach ist Erziehung nicht mehr länger als in vorherigen Zeiten ein Instrument zur Durchsetzung des eigenen Willens zum Zwecke der Formung der Jüngeren nach dem Bilde der Erwachsenen. Vielmehr stellt sich die Erziehung fortan in den Dienst der im Kind selbst angelegten Kräfte, sie führt das heranwachsende menschliche Individuum – so bringt es ein führender Interpret der Pädagogik von Rousseau auf den Begriff- „zur Mündigkeit, zur Selbständigkeit, zu eigenem Urteil, zur Vertretung dessen, was er selber war, wollte und nach Maßen des in ihm selbst liegenden Gesetzes sein musste“.[18] In dieser Konzeption führt Erziehung das Kind zu einem Gleichgewicht von Wollen und Können, denn Glück als ein von Rousseau ausdrücklich gekennzeichnetes Erziehungsziel bestehe in einem Zustand der vollentwickelten Verfügung über die eigenen Kräfte, infolgedessen das Individuum das, was es will, auch kann.
II. Erziehungswissenschaft
Die Erziehungswissenschaft als moderne Sozialwissenschaft hat sich in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts im Verbund der vergleichbaren Fachwissenschaften relativ spät als eigenständige wissenschaftliche Fachdisziplin an den deutschen Universitäten und Fachhochschulen etabliert. Sie ist mittlerweile weit ausdifferenziert in verschiedene Fachrichtungen wie Frühpädagogik, Schulpädagogik, Berufspädagogik, Erwachsenenpädagogik oder Sozialpädagogik; gebräuchlich ist auch die Zuordnung nach verschiedenen Sparten, beispielsweise der Verkehrserziehung, der Sexualpädagogik, der Umwelterziehung oder der Museumspädagogik.[19] Nah verwandte Fachkonzepte wie Bildung, Lernen, Entwicklung, Sozialisation und Beratung werden im erziehungswissenschaftlichen Forschungsverbund von Anfang an bei der Begriffsbestimmung von Erziehung einbezogen.
III. Systematische Begriffsbestimmung von Erziehung
Ungeachtet der vielfältigen Handlungs- und Forschungsfelder im erziehungswissenschaftlichen Wissenschaftsspektrum hat man bestimmte Festlegungen vorgenommen, sofern die familiäre oder außerfamiliäre Erziehung als Prägekraft im Prozess des Heranwachsens von Kindern und Jugendlichen in den Blick genommen werden soll:
- Der Begriff Erziehung wird hier eingegrenzt zur Bestimmung des entsprechenden Geschehens zwischen der Erwachsenen-Generation und der nachwachsenden Generation.
- Erziehung beinhaltet einen wichtigen Beitrag zur Lebensbewältigung im Verlauf der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, weil hier etliche Erfahrungen und Prägungen zum ersten Mal passieren und damit entscheidend grundgelegt werden.
- Entsprechend anspruchsvoll sind die Erfordernisse und Erwartungen hinsichtlich der Ausrichtung und der Qualität des erzieherischen Handelns.
- Erziehung als bewusstes Tun ist eingebettet in das Kräftefeld von Gesellschaft und psychologisch-existenziellen menschlichen Grundbedürfnissen.
IV. Gesellschaftliche Rahmung: Erziehung in der Verfasstheit des deutschen Rechtsstaates
Mit der Verabschiedung des deutschen Grundgesetzes wurden hohe gesellschaftliche Erwartungen an die elterliche Erziehungsfunktion grundgelegt. Vorausgegangen waren bittere und existenzvernichtende Erfahrungen mit historischen Vorläufern der totalitär konzipierten Staatserziehung, die die familiäre und auch die schulische Erziehung dieser vermeintlich übergeordneten Bestimmungsmacht unterworfen hatte.
Dagegen sind kennzeichnend im gewandelten demokratisch-rechtsstaatlichen Verständnis: Die Exklusiv-Stellung der Eltern als Inhaber eines Grundrechts zur Pflege und Erziehung der eigenen Kinder, die rechtlich-gesellschaftliche Verfasstheit der sozialen Lebenseinheit „Familie“ als ein besonders geschützter Lebensraum mit mannigfachen Möglichkeiten der Selbstentfaltung, die eben nicht bloß als Umsetzung staatlich-gesellschaftlicher Vorgaben konzipiert sind, sondern als private Gestaltungssphäre, die dem staatlichen Handeln vorgelagert ist.
Gleichwohl besitzen Eltern im familiären Gestaltungsraum kein uneingeschränktes Wirk- und Gestaltungsrecht, vielmehr wacht die staatliche Gemeinschaft im Dienst des Kindeswohls über ihr Tun.
V. Universal-übergreifende Menschenrechte als Ausdruck eines wertschätzenden Menschenverständnisses
Das staatliche Wächteramt fußt auch auf einem Verständnis von der unhintergehbaren Würde des menschlichen Individuums, welches mittlerweile den engeren europäisch begrenzten Entstehungsraum als den typischen Ursprungsort der Herausbildung des Gesellschaftsverständnisses in der Verfassung des modernen Rechtsstaates überwunden hat. Meilenstein in dieser Entwicklung ist die Verabschiedung der UN-Menschenrechtskonvention, beschlossen durch einen Verbund aller Staaten in einem universal-übernationalen globalen beschlussfassenden Gremium.
Mit der Verabschiedung der UN-Kinderrechtekonvention im Jahre 1989 wird gesondert bekräftigt, dass auch die Kinder in diese Idee der unhintergehbaren Menschenrechte einbezogen sind.
Jedoch sind Kinder Träger universaler Menschenrechte nicht etwa im Verständnis von vermeintlich noch nicht voll-entwickelten Erwachsenen. Vielmehr nimmt die UN-Kinderrechtekonvention Kinder in den Blick als von Anfang an selbst-aktive und in diesem Verständnis „einzigartige“ menschliche Individuen mit den eigenen auf diese spezielle Lebensphase zugeordneten Rechten auf Leben und Entwicklung, auf Schutz, Förderung und Beteiligung.
VI. Die gesellschaftliche Vorrangstellung der Eltern zur Erziehung ihrer Kinder
Die gesellschaftliche Vorrangstellung der Eltern zur Erziehung ihrer Kinder – im sozialen Gefüge von „Familie“ – wird in Art. 6 Grundgesetz begründet:
„(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.“
Jedoch: Auch andere Institutionen und Professionen sind befugt und beauftragt zur Erziehung. Denn es beschränken sich die Orte des Aufwachsens von Kindern und Jugendlichen nicht allein auf die Familie, vielmehr wird beispielsweise im Auftrag der staatlichen Gemeinschaft im Verantwortungsbereich der Kinder- und Jugendhilfe folgende Sozialisationsinstanz konstituiert:
Tageseinrichtungen für Kinder, „in denen sich Kinder für einen Teil des Tages oder ganztägig aufhalten und in Gruppen gefördert werden“ (§ 22 SGB VIII). Der Förderungsauftrag wird in Abs. 3 präzisiert: „Der Förderungsauftrag umfasst Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes und bezieht sich auf die soziale emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes (…)“.
In dem unter der Aufsicht des Staates gestalteten Schulwesen wird den Eltern eine ebenfalls zur Erziehung berechtigte Institution gegenübergestellt:
„Die im Blick auf das Elternrecht gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG stärkste (Gegen-)Position kommt dem Staat in der Schule zu. Art. 7 Abs. 1 GG weist (…) dem Staat die umfassende organisatorische wie inhaltliche Schulgestaltungsmacht zu. Diese schließt neben der organisatorischen Gliederung der Schule, den Festlegungen des Ausbildungssystems und der Bestimmung des fachlich-didaktischen Lehrprogramms auch einen eigenständigen, am Integrationsauftrag der öffentlichen Schule orientierten Auftrag zu Bildung und Erziehung der Schüler ein“.[20]
VI.1. Erziehung in der Familie
Der in der Verfassung den Eltern zugesprochene Vorrang der Eltern bei der Pflege und Erziehung ihrer Kinder beinhaltet, „dass den Eltern vor grundsätzlich allen übrigen Miterziehern, seien sie staatlicher oder privater Provenienz, sub specie der Pflege und Erziehung ihres Kindes die Vorrangstellung zukommt.[21]
Aus historisch-systematischer Perspektive heraus betrachtet markiert dieses vorrangige Elternrecht sicherlich – zusammen mit der Verankerung der Würde des Menschen an der Spitze der Grundrechte – den tiefgreifendsten Umbruch, der angesichts der Katastrophen des vorherigen Staatssystems in der Gesellschafts- und Staatsbestimmung der Bundesrepublik Deutschland vorgenommen wurde.
Diese verfassungsrechtliche Festlegung beinhaltet für das Alltagsgeschehen der familiären Erziehung, dass es keine generell-verbindlichen Handlungsanweisungen für Erziehung gibt, die im Gefüge einer gesellschaftlich-institutionell erzeugten Drucksituation von oben nach unten weitergegeben werden und deren Nicht-Einhaltung kollektiv-gemeinschaftlich sanktioniert würde. Letztlich beinhaltet dies, dass mit jeder Geburt ein „einzigartiges“ Verständnis von Erziehung bei den verantwortlichen Eltern konstituiert wird, welches sich im familiären Zusammenleben mit den Kindern frei entfalten darf und soll, solange dabei nicht die Grenze zu einer Gefährdung des Kindeswohls überschritten wird. Oberstes Leitmotiv in der familiären Erziehung sollten sein: Liebe, wohlwollende Zuwendung, kontinuierliche und verlässliche Bedürfnisbefriedigung, Sicherheit in der Erreichbarkeit der elterlichen Zuwendung, Unterstützung und Förderung in allen Phasen des kindlichen Alltagslebens.
Entsprechend dieser verfassungsrechtlich-gesellschaftlichen Einbettung von Erziehung im familiären Lebensalltag findet diese eher ungeplant, intuitiv, zusammen mit anderen Alltagsverrichtungen statt. Es ist eher ein prozesshaftes Geschehen, in welches die Eltern Schritt-für-Schritt zusammen mit der Entwicklung ihrer Kinder hineinwachsen, welches auch von vielfältigen Irrtümern und neuen Weichenstellungen gekennzeichnet ist, die oft im Gefolge von Krisen und neuen Lebensabschnitten verändert ausgerichtet werden müssen. Zwar enden das Erziehungsrecht und die Erziehungspflicht der Eltern mit dem Erreichen der Stufe der Mündigkeit, doch wird dies eingerahmt von der (Hoffnungs-) Perspektive, dass auch nach diesem Entwicklungsabschnitt die familiäre Verbindung zwischen Eltern und ihren Kindern erhalten bleibt.
VI.2. Erziehung als fachlich-professionell gestaltetes Handlungsgeschehen in Form der Berufsausübung in den zugeordneten Institutionen und Handlungsfeldern
Im Kontrast zur familiären Erziehung erfolgt die Erziehung als berufliches Handeln unter den Voraussetzungen von fachlich-verbindlicher Qualifikation der mit der Erziehung beauftragten Personen, der Tätigkeit auf der Basis von vorab verbindlich festgeschriebenen Handlungsplänen, als Umsetzung idealtypisch allein solcher pädagogischer Handlungsstrategien, Verfahren und Methoden, die im wissenschaftlichen Diskurs als zulässig und wirksam ausgewiesen und abgesichert wurden.
Üblich ist die schriftliche Niederlegung einer pädagogischen Gesamtkonzeption, die Ableitung von themenspezifischen und individuellen Lern- und Entwicklungsplänen, deren systematische Umsetzung, Überprüfung und kontinuierliche Weiterentwicklung. Erziehung im beruflichen Handlungssetting ist überwiegend begrenzt hinsichtlich der dafür zulässigen Situationen, Inhaltsfelder und zeitlichen Umsetzungsphasen.
VII. Erziehung aus der Perspektive der Erziehungswissenschaft
Erziehung als bewusst initiiertes Wirkgeschehen zwischen den damit beauftragten Erwachsenen und den ihnen zugeordneten Kindern und Jugendlichen ist eingebettet in ein Kräftefeld der typisch-wiederkehrenden Gestaltungskräfte im pädagogischen Geschehen. Dieses erschließt sich mit folgenden Leitfragen:
- Welches sind die Ziele und Werte, die mittels Erziehung realisiert werden sollen?
- Mit welchen Methoden, Verfahren und speziellen Einzelmaßnahmen sollen diese Ziele und Werte erreicht werden?
- Welches sind die Inhalte, Lerngegenstände und Sachverhalte, deren Darbietung und Aufgabenstellung im pädagogischen Geschehen das erzieherisch gewollte Handeln der Kinder anregt und fördert?
- In welchen Interaktions- und Kommunikationsbezügen sind Erzieher und Kinder im Verlauf dieses pädagogischen Prozesses aufeinander bezogen?
- Wie kann die IST-Lage als Anknüpfungspunkt für die erzieherische Zielerreichung zutreffend-feinfühlig für jedes einzelne Kind diagnostiziert werden?
- Mittels welcher Methoden und Verfahren lässt sich die jeweilige Stufe der Zielerreichung erfassen und bewerten?
- Welche Gegebenheiten und Sachverhalte unterlaufen und zerstören diese grundsätzlich positiv veranschlagten erzieherischen Wirkkräfte und wie können diese unmissverständlich und rechtsverbindlich vom pädagogischen Geschehen ausgeschlossen werden?
VIII. Das übergreifende pädagogische Selbstverständnis als Konstante angesichts der kontinuierlichen Fortentwicklung des fachlich-konzeptionellen und gesellschaftlichen Selbstverständnisses
Pädagogische Konzepte, Erziehungsmodelle und vermeintlich erzieherisch wirksame Handlungsstrategien wurden und werden in hoher Dichte andauernd neu entwickelt und bis hin zur Ableitung konkreter Handlungsanweisungen propagiert. Jedoch beinhaltet die Konzeption der Erziehung seit ihrer historischen Grundlegung im Verständnis eines modernen Rechtsstaates einige fundamentale Setzungen:
- Obgleich die pädagogische Interaktion auch Anteile der Über- und Unterordnung enthält, treten Erwachsene und Kinder im Status des vollen Besitzes ihrer unhintergehbaren Menschenrechte in den gemeinsamen Austausch. Daher basiert die pädagogische Interaktion auf dem Gebot der Gleichheit und der menschlichen Begegnung auf Augenhöhe.
- Erziehung im Eltern-Kind-Bezug meint nicht die Zurichtung, Unterwerfung, Formung eines kindlichen Individuums gemäß den nicht weiter hintergehbaren eigenen Vorstellungen des Erziehers. Vielmehr geht es gemäß dem rechtlichen Konstrukt als „fremdnütziges Pflichtenrecht“ um die einfühlsame und verantwortliche Gestaltung solcher individuell-familiärer Lebens- und Kommunikationsbezüge, die es Kindern im Prozess ihres Heranwachsens ermöglichen, zur eigenen und freien Lebensfähigkeit und selbstbestimmten Lebensgestaltung im Rahmen der Gegebenheiten und Anforderungen ihrer individuellen und gesellschaftlichen Umgebung zu gelangen.
- Das exklusiv den Eltern gewährte Kommunikations- und Gestaltungsrecht als maßgebliche Begleitung der frühen Kindheitsphase begründet sich auch in der Beschaffenheit der psychologisch-menschlichen Grundbedürfnisse.
Denn das menschliche Individuum entwickelt sich vorrangig durch zwischenmenschlichen Austausch und Interaktion. Eltern als diejenigen Personen, denen das Wohlergehen ihrer Kinder am meisten am Herzen liegt, werden im familiär-rechtsstaatlichen Gefüge hierfür mit der notwendigen Gestaltungsmacht ausgestattet. Sie sollen nicht nur flüchtige Begegnungen mit ihren Kindern tätigen, sondern diese mit einem hohen Grad der Verlässlichkeit und Stabilität konstituieren. Damit können die positiven Merkmale einer sicheren Bindung zwischen Eltern und ihren Kindern zur Entfaltung kommen, die in der psychologischen Grundlagenforschung als zentrales Element einer geglückten Persönlichkeitsentwicklung gekennzeichnet werden.[22]
- Diese ermöglicht es dem Kind über die vielen Einzelschritte der persönlichen Entwicklung, des Lernens und der Kräfteentfaltung die eigene Person jeweils als Teilelement im übergreifenden sozialen Gefüge der Anderen und als Gestaltungsmedium des individuell-unverwechselbaren Selbst wahrzunehmen und auszubilden.
- Die Liste der positiv bewerteten möglichen erzieherischen Gestaltungselemente ist prinzipiell grenzenlos und befindet sich in ständiger Fortentwicklung. Sie beinhaltet auch die Gewährung von Schutz- und Rückzugsorten, das Vormachen und Nachmachen, das Lernen am Modell, Phasen des Fort- und Rückschritts, Anleitung und Gestaltung der Verhaltensfähigkeiten[23] des Kindes beim Üben, Trainieren und Wiederholen, bewusst gestaltetes Alltagsleben mittels Regeln, Ritualen und angemessen geordneter Lebensabschnittsphasen. Die Fülle der kleinschrittigen Erziehungsmaßnahmen beinhalten beispielsweise die Techniken des Lobens, des Spiegelns[24] und der konstruktiven Handhabung der Grenzsetzung. Im familiären Erziehungsgeschehen etabliert sich die Grundlegung eines existenziellen sozialen Zugehörigkeitsgefühls, und es erfolgt die Weitergabe solcher Erkenntnisse und Erfahrungen, die das Kind nirgends sonst erwerben kann. Familiäre Erziehung begründet beim Kind die innere Verfasstheit, auf die das anschließende außerfamiliäre Lernen in Schule und Berufsausbildung aufbauen kann.
- Im pädagogischen Diskurs kennzeichnet man die erhoffte und angestrebte Wirkung dieser familiären erzieherischen Bemühungen im Konzept der Mündigkeit. Im idealtypisch angenommenen Status des Mündigseins ist das Individuum befähigt auf der Basis einer positiven Eigensteuerung[25] dem eigenen Selbst sowie den Erfordernissen und verbindlichen Regelfestsetzungen der übergreifenden sozialen Gemeinschaft gemäß zu handeln und das eigene Leben selbstverantwortlich, selbstbestimmt und gemeinschaftsfähig zu gestalten.[26]
B 3. Was ist in Gesetz und Rechtsprechung in Deutschland unter „Förderung der Entwicklung eines Kindes“ zu verstehen?[27]
Jutta Struck
I. Pflege und Erziehung eines Kindes in Gesetz und Rechtsprechung
Pflege und Erziehung eines Kindes sind nach Artikel 6 des Grundgesetzes Recht und Pflicht der Eltern; der Staat soll als Wächter fungieren.
Neben der Pflege (Sorge für körperliches Wohl, z.B. Ernährung, Gesundheit) umfasst Erziehung als Recht und Pflicht der Eltern deren Sorge für die seelische und geistige ENTWICKLUNG, die Vermittlung von Wissen und Werteorientierung (u.a. BVerfGE 52, 223/235).
Die Verantwortung für die Lebens- und Entwicklungsbedingungen des Kindes wird umfassend geschützt
- (u.a. Jestaedt/Reimer, Art. 6 Abs. 2, 3 Grundgesetz (Elternrecht) im Bonner Kommentar zum Grundgesetz Rn 264) 195. Aktualisierung, Dezember 2018.
- Erziehungsziele und die Mittel zu deren Erreichung können autonom festgelegt werden (BVerfGE 107, 104/117).
- Umfasst werden Bildung und Ausbildung minderjähriger Kinder zu Hause und in der Schule (BVerfGE 34, 165/183).
- Interessant ist die Befugnis, die Lektüre des Kindes zu bestimmen (BVerfGE 7, 320/323 f; 83, 130/139 f).
- Eltern können entscheiden, wem Einfluss auf die Erziehung des Kindes zugestanden wird (BVerfGE 105, 313/354), was ggf. nicht unerheblichen Einfluss auf die Entwicklung des Kindes nehmen kann.
- Das treuhänderische Elternrecht, das wegen des auf Schutz und Hilfe angewiesenen Kindes in dessen Interesse und zu dessen Wohl ausgeübt werden muss (BVerfGE 59, 360/377; 121, 68, 69, 92; 79, 51/63; 108, 52/72), ist gleichzeitig nach Art. 6 GG Pflicht der Eltern (u.a. BVerfGE 108, 82/102), der sie sich nicht entziehen können.
II. Welche Maßstäbe sollten Eltern im Hinblick auf eine möglichst gute Entwicklung ihres Kindes und zu dessen Förderung anlegen?
Im besten Sinn eines positiven Eltern-Kind-Verhältnisses ist davon auszugehen, dass Eltern -als grundsätzlich nächste Bezugspersonen – ihrem Kind die ihm jeweils am besten entsprechende Entwicklung und Förderung angedeihen lassen (wollen).
Beeinflusst wird diese Denk- und Sichtweise naturgemäß von den eigenen Wertvorstellungen der beiden Elternteile, für die – falls unterschiedlich – ein im Sinn des Kindes vernünftiger Kompromiss gefunden werden muss, was im Fall der Trennung der Eltern besondere Schwierigkeiten aufwirft.
Die Wertvorstellungen der Eltern dürften auch von allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklungen beeinflusst werden. Wie stark sich außerdem das allgemeine Rechtsverständnis im Zusammenhang mit der Eltern-Kind-Beziehung verändert hat, verdeutlicht das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge, das seit dem 1.1.1980 in Kraft ist, mit der Ersetzung des Begriffs der ‚elterlichen Gewalt‘ durch den Begriff der ‚elterlichen Sorge‘ (vgl. BT-Drucks. 8/2788 S.1).
Elementar ist damit die Absicht verbunden, dem Kind entsprechend seinem Entwicklungsstand – abhängig von Alter und ‚Reife‘ – zunehmend mehr selbständiges Handeln zu ermöglichen, damit seine Eigenverantwortlichkeit gefördert werden kann.
Mit Blick auf eine interessengerechte Entwicklung des Kindes mag inzwischen die Befugnis zur Bestimmung der Lektüre des Kindes als nicht mehr in unsere Zeit passend erscheinen: Einerseits ist vorstellbar, dass andere (z.B. Lehr-) Personen Kindern eine aus ihrer Sicht sachdienliche Lektüre empfehlen, die durchaus positiv für die Entwicklung des betreffenden Kindes sein mag.
Andererseits ist der Zugang zu Medien aller Art – auch zu Literatur – im Zeitalter digitaler Verfügbarkeit kaum zu ‚kontrollieren‘ bzw. verlässlich zu beeinflussen. Allerdings ist zu beachten, dass die Elternpflicht (§ 1626 Abs. 2 BGB) unter anderem eine Fürsorge dergestalt umfasst, dafür Sorge zu tragen, dass Kindern Medienkompetenz vermittelt wird.
Kinder müssen entsprechend ihrem Entwicklungsstand ermächtigt werden, den sinnvollen Umgang mit der digitalen Reizüberflutung (z.B. per Smartphone) zu erlernen.
In diesem Zusammenhang sind Eltern also gefordert, sowohl Entwicklungspotential zu vermitteln als auch schädlichen Einfluss auf die Entwicklung des Kindes möglichst zu verhindern. Insoweit ist ein hoher Anspruch an Überzeugungsarbeit im besten Sinn für eine gute Erziehung des Kindes gefordert.
Maxime für das Recht der elterlichen Sorge ist:
Eltern dürfen keine eigennützigen Interessen verfolgen, sondern sie sollen das Kind schützen, sein Wohl fördern, seine Entwicklung positiv beeinflussen (vgl. BGHZ 66, 334,337 = NJW 1976, 1540 f).
Förderung von Kindeswohl und Entwicklung des Kindes bedeutet nach § 1626 Abs. 2 BGB eine Heranführung zur Selbstbestimmungsfähigkeit und zur Eigenverantwortung.
Das UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20.11.1989 (BGBl. 1992 II S.122 ff; FamRZ 1992, 253) ist – zunächst mit Vorbehalten – am 5.4.1992 in Kraft getreten.
Die Vorbehalte wurden am 15.7.2010 zurückgenommen. Daher gilt die Konvention seitdem in vollem Umfang in Deutschland. Damit verpflichtet sich der Staat, alles zu tun, um Kindern menschenwürdige Lebensbedingungen zu bieten.
Artikel 3 Absatz 1 der Konvention bezeichnet den Vorrang des Kindeswohls als Maßstab für kindesbezogene Maßnahmen.
Der Staat wacht darüber, dass Eltern ihr Erziehungsrecht und ihre damit verbundene Pflicht nicht rechtsmissbräuchlich ausüben.
Ziel der elterlichen Erziehungsaufgabe ist die Heranführung zu selbständigem und verantwortungsbewusstem Handeln des Kindes (BVerfGE 24, 119, 144 = NJW 1968, 2233, 2235; BGH NJW 1974, 1949).
Gefördert werden sollten Eigenverantwortung und Gemeinschaftsfähigkeit.
Da es keine allgemein-verbindliche ‚gute‘ Entwicklung für ein Kind bzw. eine bestimmte Art von Förderung (der Begriff wird hier nicht finanzbezogen verstanden) geben kann, weil jedes Kind entsprechend seinen besonderen Fähigkeiten gefördert werden sollte bzw. sich im Hinblick auf eigene Vorstellungen entwickeln dürfen sollte, bedeutet eine gute individuelle Erziehung für Eltern häufig einen ‚Spagat‘:
Einerseits sollen/wollen Eltern ihre Wertvorstellungen weitergeben.
Ob diese andererseits immer das Optimum für das Kind sind, ist nicht selbstverständlich.
Ein Recht auf die bestmögliche Entwicklung im objektiven Sinn kann es angesichts des den Eltern zugestandenen individuellen Erziehungsrechts nicht geben.
Die dem Kind gegenüber wahrzunehmende Pflicht bedeutet neben aller Anstrengung für eine bestmögliche Entwicklung dieses Kindes dieser Eltern auch die ggf. notwendige Grenzziehung im Rahmen der Erziehung, die nicht etwa aus Bequemlichkeit unterbleiben sollte.
Das Menschenbild des Grundgesetzes (vgl. Art. 1 und 2 GG) ist darauf ausgerichtet, dass eine Gesellschaft bestehen kann, in der die Rechte und Pflichten aller Menschen im Interesse eines ausgewogenen Miteinander wahrgenommen werden.
Im Hinblick darauf sollen Eltern ihr Kind entsprechend fördern und im Rahmen der Erziehung ihres Kindes dessen gute Entwicklung ermöglichen.
B 4. Was wird im gesellschaftlichen Bewusstsein, in Gesetz und Rechtsprechung unter „Kindeswohl“ verstanden?
B.4.1. Es gibt kein objektives Kindeswohl
Lore Maria Peschel-Gutzeit
I. Einleitung, Begriffsbestimmung
Der Begriff „Kindeswohl“ ist schillernd: Denn er ist nirgends abschließend definiert. Einerseits ist das Kindeswohl ein Rechtsbegriff, aber mangels gesetzlicher Definition ein sog. unbestimmter Rechtsbegriff. Auf der anderen Seite fließen in den Begriff Kindeswohl außerrechtliche, insbesondere humanwissenschaftliche Erkenntnisse ein. Sieht man sich die Versuche der gesetzlichen Definition an, wird deutlich, dass der Begriff Kindeswohl als bekannt vorausgesetzt wird. So sagt z.B. § 1697a BGB, dass das Gericht in Kindschaftsverfahren diejenige Entscheidung trifft, die unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Und in Art. 3 Abs. 1 UN-Kinderrechtekonvention heißt es, dass bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt ist, der vorrangig zu berücksichtigen ist. Beide Vorschriften zeigen, dass der Kindeswohlbegriff als bekannt und vor allen Dingen als inhaltlich abgegrenzt verstanden wird, wovon jedoch keine Rede sein kann. Auch das Jugendhilferecht bemüht sich in § 1 SGB VIII um eine Definition, wenn es dort heißt, dass jeder Mensch ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit hat. Dies könnte man als einen Teil des Inhalts des Kindeswohls verstehen, aber sicher ist das nicht, denn die Erziehung zu einer gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit ist keineswegs deckungsgleich mit dem, was gemeinhin unter Kindeswohl verstanden wird. So soll die Jugendhilfe junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen. Auch diese Formulierung aus § 1 Abs. 3 SGB VIII zeigt, dass hier einzelne Aspekte aufgegriffen werden, die, wenn sie erfüllt werden, zum Wohl der Kinder beitragen können, aber sicher ist auch das nicht. Und bedenkt man, dass die UN-Kinderrechtekonvention, hier Art. 3 Abs. 3, eine Übersetzung aus dem Englischen ist und dass es dort statt Kindeswohl „best interest of the child“ heißt, wird deutlich, dass Kindeswohl und Kindesinteressen wiederum keineswegs identisch sein müssen.
Zusammenfassend zeigt sich also, dass der Begriff Kindeswohl sowohl einen Zustand beschreibt (dem Kind geht es gut, es fühlt sich wohl) als auch ein angestrebtes Ziel (Maßnahmen zur Herbeiführung einer kindeswohlgerechten Situation) als auch ein Abgrenzungskriterium (Maßnahmen, die notwendig sind, um das Kindeswohl herbeizuführen und schädliche Einflüsse zu beseitigen). Selbst im BGB enthält die Einleitungsvorschrift zur elterlichen Sorge, § 1626 BGB, keine Definition des Begriffs Kindeswohl, in Abs. 3 heißt es nur, dass zum Wohl des Kindes in der Regel der Umgang mit beiden Eltern gehört. Auch hier wird also das Kindeswohl als Begriff vorausgesetzt, der Leser oder der Rechtsanwender hat sozusagen im Geiste zu sortieren und zu bedenken, ob das, was er regelt oder regeln will, mit dem Wohl des Kindes, wie er es versteht, vereinbar ist.
II. Einzelheiten
So ist es nicht verwunderlich, dass unter dem Schlagwort Kindeswohl sich eine schier unüberschaubare Rechtsprechung entwickelt hat, die zu ordnen schwierig genug ist. Jedoch lässt sich wohl sagen, dass bestimmte Kriterien von den Eltern oder anderen Sorgeberechtigten, die für die Entwicklung des Kindes verantwortlich und zuständig sind, erfüllt sein müssen, damit das Wohl oder das Interesse des betroffenen Kindes bestmöglich gewahrt wird.
1. So haben sich bestimmte Kriterien herausgebildet, die erfüllt sein müssen, um ein kindeswohlgerechtes Ergebnis zu erzielen. Insbesondere, wenn es darum geht, zwischen Eltern eine Entscheidung zu treffen, wer von beiden die kindeswohlgerechtere Erziehung und Entwicklung des Kindes garantiert, wird abgestellt auf das Förderungsprinzip, also auf die Persönlichkeit der Eltern und auf ihre persönlichen Lebensumstände, ihre Erziehungseignung, die äußeren Lebensverhältnisse; sodann auf die Qualität der jeweiligen Eltern-Kind-Beziehung, auf die Kontinuität und Stabilität der kindlichen Lebensbedingungen und schließlich auf den Willen des Kindes.
Unter diesen vier Rubriken findet sich eine schier unübersehbare Anzahl von Rechtsprechung, die sich auch in ihren Zielrichtungen häufig ändert, je nachdem, wie die Humanwissenschaft in ihrer Forschung vordringt. Welches Gewicht jedes einzelne Kriterium für die Erzielung einer kindeswohlgerechten Lösung hat, ist von Fall zu Fall unterschiedlich, weil diese Prinzipien auch miteinander verflochten sein können: Der Erziehungserfolg hängt z.B. wesentlich von der Qualität der Eltern-Kind-Beziehung ab und außerdem davon, wie das Kind die Eltern akzeptiert und umgekehrt. Auch sind Kindeswille und Kindesbindungen teilweise identisch, um nur einige Verflechtungen zu nennen. Dementsprechend ist auch die Rechtspraxis nicht einheitlich.
2. Dass hieraus ein Dilemma entstehen kann, zeigt die Anwendung von Art. 3 Abs. 1 UN-Kinderrechtekonvention. Wenn es dort heißt, dass bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt sei, der vorrangig zu berücksichtigen sei, so ist das nichts weiter als eine Aneinanderreihung von Worthülsen. Denn inhaltlich ist nichts darüber gesagt, was geschehen soll, damit das Wohl des Kindes vorrangig berücksichtigt wird. Außerdem ist das Kindeswohl, das eben nicht definiert ist, nur ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist, aber nicht der einzige. Ob die Konvention weitere vorrangige Gesichtspunkte enthält, ist jedenfalls an dieser Stelle nicht definiert. Und wenn es in Abs. 2 derselben Vorschrift heißt, dass die Vertragsstaaten sich verpflichten, dem Kind den Schutz und die Fürsorge zu gewährleisten, die zu seinem Wohlergehen notwendig sind, so ist auch dies nicht etwa eine Definition, sondern der Ersatz einer Definition. Welche Maßnahmen sind denn erforderlich, um das Wohlergehen des Kindes zu gewährleisten?
III. Negative Abgrenzung. Wann das Wohl des Kindes nicht gewährleistet ist
Am ehesten lässt sich noch definieren, wann und unter welchen Voraussetzungen das Wohl des Kindes nicht gewährleistet, sondern gefährdet ist, § 1666 BGB.
Denn dort gilt das Kindeswohl sowohl als Eingriffslegitimation des Staates als auch als Entscheidungsmaßstab und als Verfahrensrichtlinie. Das persönliche Kindeswohl dient als zentrales Schutzgut im Rahmen von § 1666 BGB und ist Richtpunkt für die Ausübung des staatlichen Wächteramtes und für die Eingriffe in die elterliche Sorge. Es ist also Eingriffslegitimation. Daneben aber ist das Kindeswohl entscheidungsleitender Gesichtspunkt für die Auswahl der notwendigen Kindesschutzmaßnahmen, dient also auch als Entscheidungsmaßstab für die Gerichte. Aus allem folgt, dass dem Kindeswohl die entscheidende Bedeutung als verfahrensleitendes Prinzip zukommt.
Das Kindeswohlprinzip enthält zwei Grundwertungen, nämlich den Vorrang des Kindesinteresses vor allen anderen Beteiligteninteressen und den Vorrang von Einzelfallgerechtigkeit vor allgemeinen Regeln. So wird auch formuliert, dass das Kindeswohl Herzstück der Generalklausel des § 1666 BGB ist. Dieses Herzstück bedarf der richterlichen Rechtskonkretisierung, also der schöpferischen Umsetzung des Gesetzeszwecks. Zu dieser schöpferischen Ausfüllung des unbestimmten Begriffs gehört auch das Werteverständnis und die fachliche Erkenntnis zu jeweils gegebener Zeit: So unterscheidet sich das Verständnis von Kindeswohl zu Beginn des 21. Jahrhunderts deutlich von dem der 1960er und 1970er Jahre. Diese Entwicklung setzt sich fort, in der Jetzt-Zeit wird das Kindeswohl wiederum ganz anders verstanden werden. Aus allem ergibt sich, dass der Kindeswohlbegriff ein heuristisches Prinzip ist, gerichtet auf das Auffinden und Umsetzen von wesentlichen Elementen und Wertmaßstäben innerhalb des allgemeinen Rahmens des Rechts.
Um diesen doch sehr abstrakten Vorgang zu konkretisieren, sind Kriterien notwendig und den Gerichten an die Hand zu geben, an denen sie messen können, ob die geplante oder tatsächlich durchgeführte Maßnahme kindeswohlförderlich oder doch kindeswohldienlich ist oder eher kindeswohlschädlich.
Das Wohl des Kindes ist der alleinige Maßstab für die Zulassung staatlicher Eingriffe in die elterliche Sorge.
Es geht bei der Kindeswohlermittlung nicht um die Durchsetzung sogenannter gesellschaftlicher Werte und es geht auch nicht um die Sanktionierung von Fehlerverhalten beteiligter Erwachsener. Deshalb ist es zu begrüßen, dass eine frühere Rechtsprechung überwunden zu sein scheint, wonach Sorgerechtsentscheidungen zur moralischen Disziplinierung der Eltern eingesetzt wurden. Dieser Gedanke soll hier nicht weiter ausgeführt werden, der Konflikt zwischen allgemeinem und individuellem Kindeswohl ist im Rahmen des § 1666 BGB nach hiesiger Auffassung nicht lösbar.
IV. Zulässiges Erziehungsziel
Der Inhalt des Kindeswohls ist, wie beschrieben, nicht fassbar, es ist ein insgesamt schillernder Begriff. Neben den Vermögensinteressen des Kindes gehören hier vor allen Dingen körperliche, geistige und seelische Komponenten hinzu. Da das Kindeswohl eng mit dem Erziehungsziel der Eltern zusammenhängt, ist zu fragen, worin im Rahmen des Kindeswohls ein zulässiges Erziehungsziel zu sehen ist:
Es ist wohl darauf gerichtet, eine selbständige und eigenverantwortliche, zum sozialen Zusammenleben fähige Persönlichkeit herauszubilden, und in diesen Zusammenhang gehört die Beachtung von Kontinuität und Stabilität der Betreuungs- und Erziehungsverhältnisse, die Beachtlichkeit innerer Bindungen des Kindes, seines subjektiven Willens und des familiären Gesamtzusammenhangs des Kinderschutzes.
Wie wiederholt erwähnt, ist der Kindeswohlbegriff allein juristisch nicht zu fassen, er geht weit darüber hinaus. So sind insbesondere wissenschaftliche Erkenntnisse heranzuziehen, nötigenfalls auch durch Hinzuziehung von Sachverständigengutachten. Auch wird bisweilen auf gesellschaftliche Standards, einen gesellschaftlichen Grundkonsens einerseits und auf die Bedürfnisse des Kindes andererseits zurückgegriffen.
V. Kindeswille
Eine besondere Stellung in diesem Zusammenhang hat der Kindeswille. Das Wohl des Kindes ist Schutzgegenstand nach § 1666 BGB. Dabei kann aber der subjektive Wille des Kindes bei der Konkretisierung seines Wohles nicht unberücksichtigt bleiben[28].
Das Problem der Berücksichtigung von Kindeswillen ist bekannt und auch bisher nicht gelöst. Denn der Kindeswille hat zumindest zwei, wenn nicht mehrere Funktionen.
Zum einen kann der Kindeswille Indiz für die psychosozialen Bindungen des Kindes sein, es wäre also ein Kriterium seines objektiven Wohls.
Zum anderen kann der Kindeswille Ausdruck bewusster Eigenentscheidungen sein, also ein Instrument kindlicher Selbstbestimmung. Diese Selbstbestimmungsfähigkeit des Kindes gilt es, heranzubilden und zu unterstützen, und zwar immer mehr, je älter das Kind wird. Hier entstehen insbesondere bei Jugendlichen erhebliche Schwierigkeiten, die im Rahmen der Pubertät zu Entscheidungen führen können, die letzten Endes ihrem Wohl keineswegs dienen.
Entscheidend ist immer, ob der Kindeswille eine eigenverantwortliche Entscheidung darstellt, wobei die sog. Beeinflussung des Kindes zwar in der Rechtsprechung eine große Rolle spielt, letzten Endes aber nicht das Gewicht hat, das ihr oft beigemessen wird. Denn es gibt überhaupt keine Meinung eines Menschen, die nicht von irgendeiner Seite beeinflusst ist.
VI. Eltern und deren sozialökonomische Verhältnisse gehören zum Schicksal und Lebensrisiko eines Kindes
So sehr sich die Rechtsgemeinschaft auch bemüht, das Wohl des Kindes im Einzelfall herauszuarbeiten und zu verwirklichen, so ist doch auf der anderen Seite stets zu beachten, dass Eltern und deren sozialökonomische Verhältnisse grundsätzlich zum Schicksal und Lebensrisiko eines Kindes gehören[29].
Hier ist eine Schnittstelle zum Jugendhilferecht, denn einerseits müssen Kinder gewisse Nachteile, die durch die elterliche Sozialisation entstanden sind, in Kauf nehmen, auf der anderen Seite kann und soll und wird die Jugendhilfe in vielen Fällen helfen können, um bestehende Nachteile zu mildern oder gar auszugleichen.
VII. Fazit. Es gibt kein objektives Kindeswohl
Aus allem folgt: Es gibt kein objektives Kindeswohl.
Das Kindeswohl ist vielmehr variabel und, wie mehrfach ausgeführt, schillernd. Es hängt nicht nur von dem konkreten Einzelfall ab, sondern viele andere Einflüsse wirken auf das Kindeswohl ein: Der Fortschritt in der Entwicklung der sog. Kinderkunde, also der Humanwissenschaft, äußere Einflüsse wie insbesondere die fortschreitende Digitalisierung und damit Beeinflussung vieler Kinder und Jugendlicher durch soziale Medien (Reizüberflutung); viele persönliche Kriterien haben nicht nur Einfluss, sondern sind auch zu beachten, wenn es darum geht, die bestmögliche Lösung für ein Kind zu finden. Der Vorrang der elterlichen Erziehungsmaßnahmen ist stets zu beachten, die Bedeutung des Kindeswillens nimmt zu, je ernsthafter das Kind diesen Willen äußert und je älter das Kind wird. Auch von daher ist der Begriff des Kindeswohls absolut variabel, ein 2-jähriges Kind wird ein anderes Wohl für sich beanspruchen können als ein 12-jähriges. In diesem Sinne ist also die Ermittlung des Kindeswohls vergleichbar mit einer Gleichung mit mehreren Unbekannten. Es gibt fast nie die richtige Lösung, sondern alle Entscheiderinnen und Entscheider können nur versuchen, dem Wohl des Kindes, wie sie es verstehen und wie es an einigen Kriterien zu messen ist, möglichst nahezukommen. Das geschieht in der Praxis im Allgemeinen auch mit großer Sorgfalt und Akribie: dennoch ist das Problem, was das Kindeswohl bedeutet, nicht generell sondern in jedem Einzelfall konkret zu lösen.
B.4.2. Das Kindeswohl als Idealzustand
Laura Maria Leidecker
I. Das Kindeswohl in Art. 3 UN-Kinderrechtekonvention
Das Kindeswohl soll in allen das Kind betreffenden Angelegenheiten der vorrangig zu berücksichtigende Gesichtspunkt sein. So sieht es der Art. 3 UN-Kinderrechtekonvention vor. Was Kindeswohl bedeutet, welche Aspekte zu berücksichtigen sind, um dem Kindeswohl ganzheitlich zu entsprechen, beziehungsweise dieses angemessen zu berücksichtigen, soll nun näher erläutert werden, um letztendlich eine Definition dieses unbestimmten Rechtsbegriffes zu finden oder sich zumindest einer Definition anzunähern.
Ein erster zu berücksichtigender Aspekt ist die rechtliche Lage. Hier soll erläutert werden, was die UN-Kinderrechtekonvention für Kinder vorsieht, dabei können an dieser Stelle jedoch nicht alle Normen vollumfänglich aufgelistet werden.
Der Artikel 3 fand eingangs bereits Erwähnung, er beschreibt eines der vier Grundprinzipien der UN-Kinderrechtekonvention, den Kindeswohlvorrang. „(1) Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, […] ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.“[30] Es darf also keine das Kind betreffende Situation geben, in der das Wohl des Kindes keine Berücksichtigung findet. Ebenso verhält es sich mit dem Kindeswillen, der gemäß Art. 12 UN-Kinderrechtekonvention zu berücksichtigen ist und dem zweiten Grundprinzip zugeordnet werden kann, dem Recht auf Beteiligung. Das Kind ist berechtigt, seinen Willen zu äußern, ggf. kann dies auch durch einen Vertreter geschehen, der geäußerte Wille ist angemessen zu berücksichtigen.[31]
Der Artikel 16 UN-Kinderrechtekonvention regelt den Schutz der Privatsphäre und der Ehre des Kindes. „(1) Kein Kind darf willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung oder seinen Schriftverkehr oder rechtswidrigen Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden.“[32] Erwachsene müssen also auch das Privatleben und Schriftverkehr eines Kindes achten, dies wird in der Praxis allzu oft außer Acht gelassen und muss deshalb an dieser Stelle Erwähnung finden.
Wohl einer der wichtigsten Artikel ist Artikel 19 der UN-Kinderrechtekonvention, der den Schutz vor jeder Form körperlicher oder geistiger Gewaltanwendung, Misshandlung, Verwahrlosung oder Vernachlässigung sowie sexuellen Missbrauch vorsieht.[33]
Diese Auswahl an Artikeln der UN-Kinderrechtekonvention stellt nur einen kleinen Teil der Kinderrechte dar, sie stehen aber mit den weiteren Aspekten des Kindeswohles, die nun näher erläutert werden, in Zusammenhang.
II. Der Kindeswille
Der Kindeswille und damit auch die Beteiligung des Kindes ist einer dieser Aspekte, die zu berücksichtigen sind. Nach Harry Dettenborn wird als Kindeswille „die altersgemäß stabile und autonome Ausrichtung des Kindes auf erstrebte, persönlich bedeutsame Zielzustände verstanden.“[34] Es lässt sich wohl grundsätzlich sagen, dass Kinder entsprechend ihrem Alter und ihrer Entwicklung in allen Dingen, die sie betreffen, auch eine eigene, persönliche Einstellung und einen eigenen Willen haben. Im Alter von drei bis vier Jahren erwerben Kinder eine Reihe von Kompetenzerweiterungen, die ihnen eine Willensbildung ermöglichen.[35]Bei altersgemäßer Entwicklung sind sie in diesem Alter auch in der Lage, ihren Willen zu artikulieren. Dieser ist gem. Art. 12 UN-Kinderrechtekonvention dann auch angemessen zu berücksichtigen. Dabei scheint eben die angemessene Berücksichtigung den Beteiligten in der Praxis immer wieder schwer zu fallen. Es werden Gründe aufgeführt, die die Bedeutung des geäußerten Willens des Kindes schmälern sollen. Ein Beispiel ist hier die Annahme, der Wille sei induziert und entspreche nicht dem wahren und höchstpersönlichen Willen des Kindes. Hier braucht es mehr Vertrauen in die Kinder und ihre Willensäußerung, denn auch bei einem hochgradigen Verdacht der negativen Beeinflussung eines Kindes kann der geäußerte Wille nicht pauschal abgelehnt werden, denn auch ein induzierter Kindeswille ist zunächst einmal als Kindeswille anzuerkennen.[36] Darüber hinaus unterliegen Willens- und Meinungsäußerungen eines Kindes stets einer Form der Beeinflussung, bedingt durch Meinungen und Haltungen, mit denen sie durch ihre Bezugspersonen konfrontiert werden, aus der sie sich im Laufe ihrer Entwicklung und Erfahrungen zunehmend emanzipieren können. So oder so, ob beeinflusst oder nicht, kann nicht vom Kindeswohl gesprochen werden, ohne den Kindeswillen zu berücksichtigen und das Kind an allen Maßnahmen und Entscheidungen, die es betreffen, zu beteiligen, wobei unter Beteiligung auch mehr verstanden werden muss, als die reine Willensäußerung zur Kenntnis zu nehmen.
III. Das Interesse des Kindes
Als weiterer entscheidender Aspekt ist dann noch das Interesse des Kindes zu berücksichtigen, dabei muss dieses anhand zweier Gesichtspunkte betrachtet werden. Dem subjektiven/persönlichen Interesse des Kindes und dem objektiven/übergeordneten Interesse des Kindes. Unter dem subjektiven Interesse eines Kindes werden unter anderem seine Wünsche, Meinungen und Wille verstanden.[37] Es geht hier um die persönlichen Gefühle, die vom jeweiligen Kind ausgehen, inklusive etwaiger Vorurteile oder Beeinflussungen, die es sich zu eigen gemacht hat. Dem gegenüber und manchmal auch im direkten Widerspruch steht das objektive Interesse, das, was unabhängig vom Subjekt und seinen Gefühlen und Bewusstsein besteht, was losgelöst vom einzelnen Kind allen Kindern gemein ist und was aus multidisziplinärer Sicht für ein gesundes Aufwachsen und Leben entscheidend ist. Hier soll dies unter anderem anhand des §1 (1) SGB VIII erläutert werden. „(1) Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.“[38] Die Förderung der Entwicklung und die Erziehung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit ist wichtig, damit ein Kind den gesellschaftlich und strukturell bedingten Anforderungen des Aufwachsens und Lebens gewachsen ist.
IV. Pflege und Erziehung unter Ausschluss von Gewalt, körperlichen Bestrafungen, seelischen Verletzungen und anderen entwürdigenden Maßnahmen
Ebenso ist eine „Pflege und Erziehung unter Ausschluss von Gewalt, körperlichen Bestrafungen, seelischen Verletzungen und anderen entwürdigenden Maßnahmen“[39] nicht nur das Recht der Kinder, sondern gleichermaßen wichtig, um gesund und sicher aufzuwachsen und die Entwicklungsherausforderungen gut und sicher meistern zu können. Dies sind nur zwei Beispiele für Dinge, die im objektiven Interesse eines Kindes liegen und bei Abweichungen oder auch Kindeswohlgefährdungen von besonderer Bedeutung sind und im Einzelfall vom subjektiven Interesse abweichen können. So lässt sich eine Kindeswohlgefährdung aus multidisziplinärer Sicht wie folgt definieren:
„Eine Kindeswohlgefährdung liegt vor, wenn ein Kind oder Jugendlicher durch seine Personensorgeberechtigten oder einen anderen Dritten durch ein aktives Tun oder durch dessen Passivität in seiner Bedürfnislage oder seinen Rechten als Kind oder Jugendlicher an einer gedeihlichen Entwicklung und Entfaltung einer eigenständigen Persönlichkeit gehemmt oder gar akut oder nachhaltig geschädigt wird.“[40]
Da eine Kindeswohlgefährdung das genaue Gegenteil des Kindeswohles ist, kann die aufgeführte Definition neben den anderen Erläuterungen zum Kindeswohl hilfreich sein, um all diese Aspekte zu einer Definition des Kindeswohles zu kumulieren.
V. Fazit. Das Kindeswohl ist ein Idealzustand
Das Kindeswohl ist ein Idealzustand, der sich auf die subjektive Lebenslage eines Kindes bezieht und dann besteht, wenn die vielfältig formulierten Rechte von Kindern, insbesondere auf ein gewaltfreies Aufwachsen, Berücksichtigung des Kindeswillens und des Kindesinteresses in allen das Kind betreffenden Angelegenheiten vorrangig berücksichtigt werden, wenn einem Kind in erster Linie durch die Personensorgeberechtigten, notfalls durch einen anderen Dritten eine gedeihliche Entwicklung und Entfaltung einer eigenständigen Persönlichkeit ermöglicht wird.
B.5. Schutz des Kindes
Es gibt genügend Regelungen zum Schutz des Kindes, sie müssten aber in der Praxis umgesetzt werden.
Sigrun v. Hasseln-Grindel
Kinderschutz ist in Internationalen Übereinkommen, wie etwa der UN-Kinderrechtekonvention, dem Grundgesetz und in ungezählten Gesetzen und Verordnungen geregelt. Zentrale Bedeutung haben das Sozialgesetzbuch (SGB) VIII. Kinder- und Jugendhilfe, das Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG), das Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG), das Jugendschutzgesetz (JuSchG), das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) und der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag.
Werden Kinder missbraucht, misshandelt oder vernachlässigt, kommt es zu einem Komplexverfahren, an dem in der Regel Jugendamt, Familiengericht, Polizei, Staatsanwaltschaft, Jugendschutzgericht, Zivil- und Sozialgericht beteiligt sind[41].
Leider bleibt der besondere Schutz durch Staat und Gesellschaft, der Kindern in der Verfassung garantiert ist, oft auf der Strecke. Die in der vor fast 20 Jahren in der Dokumentation des Landespräventionsrates Brandenburg in dem Beitrag: „Wie kann Kindern der ihnen in der Verfassung garantierte besondere Schutz durch Staat und Gesellschaft im Alltag gewährt werden?“ genannten Gründe sind nach wie vor aktuell. [42]Zudem ist bei der Umsetzung der Regeln häufig zu wenig Personal vorhanden, die Zuständigkeiten sind oft nicht klar und Abläufe wurden für den Notfall nicht ausreichend durchgespielt.
B.6. Teilhabe
Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen sollte kein Sonderfall, sondern Normalität sein
Laura Maria Leidecker
Die Beteiligung von Kindern bedeutet mehr, als ihren Willen zur Kenntnis zu nehmen und angemessen zu berücksichtigen. Kinder leben und wachsen in unterschiedlichen Lebenswelten auf, in denen es ganz unterschiedliche Bedarfe und Möglichkeiten einer Beteiligung der Kinder geben kann. Angefangen mit der Familie tritt für viele Kinder schon sehr früh die Lebenswelt Kindertagesstätte hinzu, gefolgt von der Schule und Freizeitbeschäftigungen, aber auch im politischen und gesellschaftlichen Großen und Ganzen müssen Kinder und Jugendliche beteiligt werden. In all diesen unterschiedlichen Bereichen gibt es unterschiedliche Anforderungen an und Möglichkeiten für eine Beteiligung. „Laut Kinderrechtsausschuss der Vereinten Nationen soll die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen transparent, informativ, freiwillig, respektvoll, bedeutsam (für die Bedürfnisse und den Erfahrungsschatz von Kindern), kinderfreundlich, inklusiv, sicher und rechenschaftspflichtig gestaltet sein.“[43]
Dabei müssen Kinder nicht auf die Kulanz der Erwachsenen hoffen, dass sie beteiligt werden, sondern haben einen rechtlichen Anspruch auf Beteiligung, den die Erwachsenen umzusetzen haben. Im Allgemeinen regelt dies der Artikel 12 der UN-Kinderrechtekonvention. „(1) Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern, und berücksichtigen die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife.“[44] Darüber hinaus gibt es für die unterschiedlichen Lebenswelten weitere rechtliche Normen, die diese spezifizieren. Für die Lebenswelt Familie regelt dies unter anderem § 1626 (2) BGB „(2) 1. Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln. 2. Sie besprechen mit dem Kind, soweit es nach dessen Entwicklungsstand angezeigt ist, Fragen der elterlichen Sorge und streben Einvernehmen an.“[45]Erziehung in der Familie soll mit wachsender Reife des Kindes also immer mehr zu einem gemeinschaftlichen Aushandlungsprozess werden, als dass sie ein hierarchisches Konstrukt von den Eltern über die Kinder ist. Dies bedeutet aber nicht, dass Eltern keinerlei Spielraum haben, um durch Regeln und Grenzen erzieherisch auf ihre Kinder einzuwirken, eine Erziehung zu selbstständigem verantwortungsbewusstem Handeln schließt auch die Bewusstwerdung von Regeln und Grenzen im zwischenmenschlichen Miteinander ein.
In der Lebenswelt Kindertagesstätte findet Beteiligung in Form von Partizipation immer mehr Einzug in die konzeptionelle Arbeit. Partizipation beschreibt hier sehr gut, was Beteiligung bedeuten kann. Es geht um Mitwirkung, Mitgestaltung und Mitbestimmung. „Partizipation als Mitbestimmung bezieht sich auf Entscheidungen und Entscheidungsverfahren sowie auf die Möglichkeiten des Einzelnen, darauf Einfluss zu nehmen. Grundlegendes Merkmal von Partizipation ist die Mitwirkung von Subjekten, also von selbstbestimmungsfähigen Personen, an realen und für den Einzelnen und die Gemeinschaft bedeutsamen Entscheidungen.“[46] Dabei geht es um mehr als die Mitbestimmung, ob es Nudeln oder Kartoffeln geben soll, oder um die Frage, ob das Tragen einer Jacke notwendig ist oder nicht. Den Kindern hier die Mitbestimmung beziehungsweise Selbstbestimmung zu überlassen ist nicht verkehrt, aber um dem Konzept der Partizipation gerecht zu werden, sollten Kinder auch in bedeutsamere Entscheidungen einbezogen werden. Hierzu bedarf es geeigneter Strukturen und Beteiligungsmöglichkeiten innerhalb der Kindertagesstätte.
In der Lebenswelt Schule gibt es organisierte Schülervertretungen, die als gewählte Gremien die Anliegen der Schüler gegenüber den Lehrkräften, der Schulleitung und Elternschaft vertreten, auf Landesebene in Landesschülerparlamenten auch gegenüber der Politik; eine institutionalisierte und demokratische Beteiligungsform, deren Einfluss in der Regel aber nur so weit reicht, wie die Erwachsenen es gewähren.
Weniger institutionalisiert ist sicherlich die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen auf der allgemeinen politischen Ebene, die über das Demokratielernen in Form von punktueller Partizipation in ausgewählten Bereichen, wie etwa auf kommunaler Ebene. bezogen auf einzelne Kinder und Jugendliche betreffende Projekte hinausgehen.[47]
Dieser Problematik nimmt sich das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Form einer Broschüre zu „Qualitätsstandards für Kinder- & Jugendbeteiligung[48]“ an. Beteiligung wird hierin als „Einflussnahme von Kindern und Jugendlichen, in einigen Zusammenhängen auch jungen Erwachsenen auf alle sie betreffenden Lebensbereiche bezeichnet, seien es soziale Räume (Deutscher Bundestag 2020, S. 15 und 133ff.), Themen und Inhalte, seien es Verfahren und Strukturen o. a. Es geht also um den Einbezug in Entscheidungs- und Ausgestaltungsprozesse, um Mitbestimmung und Mitwirkung. Zentral ist dabei, dass Beteiligung nicht äußerlich bzw. dekorativ bleibt, sondern auf wirkmächtige und nachhaltige Mitwirkung abzielt, dass also Beteiligung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen „relevante Auswirkungen auf Entscheidungen hat“ (Straßburger/Rieger 2019b, S. 17).“[49]
Das Ansinnen durch die Broschüre ist es „eine Haltung zu erzeugen, die die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen als Normalität und nicht als Sonderfall verinnerlicht und lebt.“[50]. Darum sollte es auch gehen, bis dahin ist es aber noch ein langer Weg, denn allzu häufig wirkt die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in den unterschiedlichen Lebenswelten, als beruhe sie allein auf der Gnade und Kulanz der Erwachsenen, dabei sollte sie eine Selbstverständlichkeit sein.
C. Eigene Kindergrundrechte in die Verfassung?
Der Ist-Zustand
Schon vor rund 55 Jahren hat das Bundesverfassungsgericht in seiner grundlegenden Entscheidung vom 29.07.1968[51] erkannt, das Wächteramt des Staates (Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG) beruhe in erster Linie auf dem Schutzbedürfnis des Kindes, dem als Grundrechtsträger eigene Menschenwürde und ein eigenes Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit im Sinne der Art. 1 Abs. 1 u. Art. 2 Abs. 1 GG zukomme. Eine Verfassung, welche die Würde des Menschen in den Mittelpunkt ihres Wertsystems stelle, könne bei der Ordnung zwischenmenschlicher Beziehungen grundsätzlich niemandem Rechte an der Person eines anderen einräumen, die nicht zugleich pflichtgebunden seien und die Menschenwürde des anderen respektieren.
Diese Erkenntnis führte allerdings nicht dazu, das Grundgesetz entsprechend anzupassen.
Auch nachdem im Jahre 1992 die UN-Kinderrechtekonvention in Deutschland in Kraft trat, führte dies nicht dazu, dass entsprechende Grundrechte des Kindes ausdrücklich in unsere deutsche Verfassung aufgenommen wurden. Nach dieser Konvention ist der Vorrang des Kindeswohls bei allen Angelegenheiten, die das Kind betreffen, maßgeblich zu berücksichtigen. Die Prinzipien der UN-Kinderrechtekonvention sind Schutz, Förderung und Beteiligung aller Kinder an Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, hinzukommt die Nichtdiskriminierung von Kindern und der Kindeswohlvorrang. Nach Ratifizierung der Kinderrechtekonvention in Deutschland im Jahre 1992 ist Deutschland die Verpflichtung eingegangen, alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen zur Verwirklichung der in diesem Abkommen anerkannten Rechte zu treffen (Art. 4 UN-Kinderrechtekonvention). Dazu gehört auch die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz. Da die UN-Kinderrechtekonvention in Deutschland keinen Verfassungsrang hat, sondern als einfaches Recht gilt, hat der Ausschuss der Vereinten Nationen für die Rechte des Kindes wiederholt die Bundesregierung aufgefordert, die Aufnahme der Kinderrechte nach der UN-Kinderrechtekonvention in das Grundgesetz vorzunehmen[52].
Das hat der Deutsche Bundestag in der vergangenen Wahlperiode versucht, hat jedoch nicht die erforderliche 2/3 Mehrheit im Plenum des Deutschen Bundestages für die verschiedenen vorgelegten Formulierungsvorschläge gefunden.
Haupteinwand gegen die Aufnahme von Kinderrechten in die Verfassung war stets die Furcht, dass die Rechte von Eltern durch Aufnahme von eigenen Kinderrechten zu stark eingeschränkt werden könnten, dass also das Dreiecksverhältnis von Kind, Eltern und Staat zu Lasten der Familie verschoben werden könnte.
In der jetzt laufenden Wahlperiode 2021 bis 2025 haben die regierungsbildenden Parteien in ihrem Koalitionsvertrag vom 10.10.2021 unter Berufung auf die Kinderrechtekonvention die Verankerung der UN-Kinderrechte im Grundgesetz vereinbart, und zwar in strikter Form, indem es im Koalitionsvertrag wörtlich heißt:
„Wir wollen Kinderrechte in das Grundgesetz aufnehmen.“
Ob in dieser jetzt laufenden Wahlperiode der notwendige 2/3 Konsens erreicht werden kann, ist nach wie vor offen.
Reformvorschlag des Deutschen Sozialgerichtstags e.V.
Ausgehend von der oben zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1968 und der UN-Kinderrechtekonvention schlägt der DSGT folgende Formulierung zur Aufnahme in das Grundgesetz vor:
Einführung eines Art. 2a GG mit folgendem Wortlaut:
„Abs. 1
Jedes Kind hat das Recht auf Förderung seiner körperlichen und geistigen Fähigkeiten zur bestmöglichen Entfaltung seiner Persönlichkeit.
Abs. 2
Die staatliche Gemeinschaft achtet, schützt und fördert die Rechte des Kindes. Sie unterstützt die Eltern bei der Wahrnehmung ihrer Erziehungsverantwortung.
Abs. 3
Jedes Kind hat das Recht auf Beteiligung in Angelegenheiten, die es betreffen. Seine Meinung ist entsprechend seinem Alter und seiner Entwicklung maßgeblich zu berücksichtigen.
Abs. 4
Dem Kindeswohl kommt bei allem staatlichen Handeln, das die Rechte und Interessen von Kindern berührt, maßgebliche Bedeutung zu.“
Ausgehend von der oben zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1968 und der UN-Kinderrechtekonvention müssen für das Kind eigene Grundrechte formuliert und in die Verfassung aufgenommen werden, und zwar solche Rechte, die entsprechend der oben zitierten Entscheidung aus dem Jahre 1968 das eigene Recht des Kindes auf Wahrung seiner Menschenwürde und auf Entfaltung seiner Persönlichkeit zum Ausdruck bringen. Das bedeutet, dass eigene Kindergrundrechte in den ersten drei Artikeln des Grundgesetzes anzusiedeln sind und nicht etwa in Art. 6 GG, dem sog. Familienartikel. Denn in Art. 6 GG ist zwar von dem Kind die Rede, nicht aber als Träger von eigenen Grundrechten, also als Subjekt, sondern als Adressaten elterlicher Erziehungsverantwortung. Die Eltern sind berechtigt und verpflichtet, das Kind zu erziehen, es geht dort um die Position der Eltern im Verhältnis zu den Kindern.[53]
In Abs. 4 hat der DSGT den in anderen Vorschlägen (z.B. vom Aktionsbündnis Kinderrechte) verwendeten Begriff „vorrangige Bedeutung“ durch den Begriff „maßgebliche Bedeutung“ ersetzt.
Dies ist ein alter Streit, er rührt vor allen aus Ungenauigkeiten der Übersetzung aus dem Englischen. Denn im Originaltext heißt es, das Kindeswohl „shall be a primary consideration“. Der DSGT ist der Ansicht, dass die „maßgebliche Bedeutung“ dem englischen Text näherkommt.
Appell
Angesichts der derzeitigen politischen Lage wird es wiederum sehr schwer sein, dem Gedanken, Kinderrechte endlich ins Grundgesetz aufzunehmen, zum Durchbruch zu verhelfen. Es sind stets andere Dinge wichtiger und derzeit gibt es auch wirklich viele politisch vordringlichere Aufgaben, was nicht weiter ausgeführt werden muss. Nur ist dies nichts Ungewöhnliches: Kinderrechte stehen sehr häufig an letzter Stelle in der Reihe der zu lösenden Probleme.
Wenn auch jetzt wieder gefragt wird, welchen Vorteil die Kinder wohl davon hätten, wenn ihre Grundrechte in der Verfassung stehen würden, an ihrer sozialen und wirtschaftlichen Lage werde sich dadurch nichts ändern, so muss nur daran erinnert werden, welche unglaublich durchschlagende Wirkung andere Grundrechte haben, die die Begünstigten berechtigen, Verfassungsbeschwerde zu erheben, wenn ihre Grundrechte nicht gewahrt sind. Es ist den Kindern wirklich zu wünschen, dass auch sie endlich ein Mittel in die Hände bekommen, um ihre berechtigten und notwendigen Positionen und Rechte im Konzert der Kräfte in unserer Gesellschaft durchzusetzen.
Bedenkt man, dass das Bundesverfassungsgericht schon vor 55 Jahren erkannt und entschieden hat, dass das Kind ein Wesen mit eigener Menschenwürde und mit eigenem Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit ist, so dürfte es endlich an der Zeit sein, diesem Gedanken zum Durchbruch zu verhelfen.
Die Autorinnen und Autoren
- Laura Maria Leidecker: M.A. Kindheits- und Sozialwissenschaften. Sozialpädagogin/Sozialarbeiterin (B.A.). Kinderschutzfachkraft. Zertifizierter Verfahrensbeistand. Akademische Lehrkraft für Soziale Arbeit und Fachreferentin in Kinderschutzthemen. Mehrere Publikationen zum hiesigen Themenkreis.
- Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit: Senatorin für Justiz in Hamburg und Berlin (1991-2001). Mitglied der Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat (1992-1994). Vorsitzende des Rechtsausschusses des Bundesrats (1991-2001). Seit 2002 Rechtsanwältin in Berlin, Schwerpunkt Familienrecht. Kommentatorin von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Buch 4: Familienrecht: §§ 1626-1633; RKEG (Elterliche Sorge 1- Inhaberschaft und Inhalt). (aktuell 16. Auflage 2020). Setzt sich seit vielen Jahren maßgeblich für die Verankerung der UN-Kinderrechte in das Grundgesetz ein[54].
- Prof. Dr. Gerda Simons: Professorin i.R. für Pädagogik, Fachrichtung Sozialpädagogik. Evangelische Hochschule Berlin; Arbeitsgebiete: Kindeswohlgefährdung; rechtliche und sozialpädagogische Konzepte zur Umsetzung des Staatlichen Wächteramtes; Inobhutnahme; Verfahrensbeistandschaft; Kinderrechte. Publikationen zum hiesigen Themenkreis.
- Jutta Struck: Ministerialrätin a.D., 30 Jahre lang im Bundesfamilienministerium, u.a. Referatsleiterin für Kinder- und Jugendhilfe. Autorin im Kommentar Wiesner / Wapler SGB VIII, Kinder- und Jugendhilfe, C.H.Beck-Verlag (u.a. § 14 Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz, § 16 Allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie, § 17 Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung). Weitere Publikationen zum hiesigen Themenkreis[55].
- Sigrun von Hasseln-Grindel: Über 40 Jahre (Vorsitzende) Richterin und Staatsanwältin in Jugendschutzsachen. Begründerin und langjährige Lehrbeauftragte des Studienfaches Globale Rechtspädagogik/ Human Law zur Umsetzung der UN-Kinderrechte in den Alltag. Seit 2018 Rechtsanwältin. Publikationen zum hiesigen Themenkreis.
- Prof. Dr. jur. Dr. rer. soc. h.c. Reinhard Wiesner: Von 1974 bis 2010 Ministerialbeamter im Bundesfamilienministerium, fachlich verantwortlich für die Entwicklung des Kinder- und Jugendhilferechts, „Vater“ des SGB VIII. Honorarprofessor FU Berlin. Mit-Herausgeber des Kommentars Wiesner / Wapler SGB VIII, Kinder- und Jugendhilfe, C.H.Beck-Verlag (aktuell: 6. Auflage 2022).
[1] S. 98 des Koalitionsvertrages vom 10. Dezember 2021 für die Legislaturperiode 2021 – 2025 zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und den Freien Demokraten (FDP)
[2] Bericht von Henrike Roßbach, Berlin in der SZ vom 8.6.2021. https://www.sueddeutsche.de/politik/kinderrechte-grundgesetz-scheitern-bundestag-1.5316191
vgl. auch https://www.deutschlandfunk.de/kinderrechte-im-grundgesetz-das-zaehe-ringen-um-100.html (November 2020) und https://www.fr.de/politik/kinderrechte-im-grundgesetz-die-kinder-koennen-nicht-mehr-uebergangen-werden-91093041.html (3.11.2021)
[3] https://www.gruene-bundestag.de/themen/familie/im-einsatz-fuer-kinderrechte (10.12.2022)
https://www.spdfraktion.de/presse/pressemitteilungen/kinderrechte-ins-grundgesetz-nicht-dann (19.9.2022)
https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/kinder-und-jugend/kinderrechte/kinderrechte-ins-grundgesetz (15.11.2022)
https://www.freiepresse.de/chemnitz/kinderrechts-experte-deutschland-ist-kinderentwoehnt-amp12625888 (Prof. Maywald, 27.12.2022)
[4] Die konstitutive Wirkung eines Rechtsaktes hat zur Folge, dass ein Recht oder Rechtsverhältnis begründet, aufgehoben oder gestaltet wird.
[5] Die deklaratorische Wirkung eines Rechtsaktes ist gegeben, wenn dieser an einer bestehenden Rechtslage nichts ändert, sondern diese lediglich bezeugt oder klarstellt. Das bedeutet, die Rechtswirkung ist bereits vor dem Rechtsakt eingetreten.
[6] Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 29. Juli 1968, 1 BvL 20/63, 31/66 und 5/67, BVerfGE 24, 119 ff
[7] BVerfG – Beschluss vom 09.02.2007 (1 BvR 125/07) – BeckRS 2007, 21375 mit weiteren Nachweisen.
[8] vgl. Josef Isensee, Elternrecht, in: Staatslexikon online. Version vom 08.06.2022: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Elternrecht
[9] Das Misstrauen gegenüber staatlichen Stellen ist teilweise so tief im Bewusstsein verankert, dass sich Eltern wegducken, wenn sich das Jugendamt anmeldet und sich weigern, Hilfe des Jugendamtes anzunehmen. Familienmitglieder, Nachbarn, Erzieher, Lehrkräfte und selbst Ärzte scheuen sich nicht selten, einen Verdacht wegen Kindesmissbrauch, -misshandlung und -vernachlässigung anzuzeigen, weil sie fürchten, Familien werden – selbst in vergleichsweisen leichteren Fällen – auseinandergerissen. Das führt nicht selten dazu, dass Kinder oft jahrelang unkontrolliert Gewalt jeglicher Art schutzlos ausgeliefert sind; Mitglieder kinderpornografischer Ringe fühlen sich relativ sicher vor Entdeckung.
[10] Jugendrechtsberater (auf rechtspädagogischer Basis) von Sigrun von Hasseln-Grindel. (HG) mit weiteren Beiträgen von Prof. Dr. Christian Birnbaum, Sebastian Geidel, Dr. Lutz Gollnisch, Christel Henk, Ilona Marhold-Blenk, Annette Rüb, Prof. Dr. Gerda Simons, Markus Timm. 4. neu bearbeitete Auflage, Januar 2021, 361 Seiten
[11] Vgl. Katrin Seddig. „Argwöhnisch bewachtes Hoheitsgebiet. Es gibt Eltern, die betrachten Ihre Kinder als Eigentum und verbitten sich jede Einmischung. – Dabei ist doch die Familie, wo verbogen wird und missbraucht.“ In taz, die Tageszeitung vom 14. 10. 2015, Ausgabe 10841 https://taz.de/!5236407/ .
„Die Eltern-Kind-Beziehung im Islam“. https://islammessage.org/de/article/10486/DIE-ELTERN-KIND-BEZIEHUNG-IM-ISLAM
[12] Anmerkung: Bayern schaffte das körperliche Züchtigungsrecht als letztes Bundesland erst im Jahr 1983 ab.
[13] BVerfGE 24, 119, 150 (29.07.1968 – 1 BvL 20/63, 1 BvL 31/66, 1 BvL 5/67). Vgl. auch BVerfGE 34, 184 (BVerfG Beschluss vom 16. April 2002 – 1 BvR 279/02)
[14] Prof. Dr. Thomas Stark. https://www.facebook.com/demofueralle/videos/prof-dr-thomas-stark-unverhandelbar-warum-das-elternrecht-ein-naturrecht-ist/381284229133323/
[15] Das Naturrecht, auch überpositives Recht genannt, geht davon aus, dass bestimmte Rechtssätze unabhängig von der konkreten Ausgestaltung durch die Rechtsordnung „schlechthin“ Geltung beanspruchen und somit durch einen positiven Akt der Rechtsetzung weder geschaffen werden müssen noch außer Kraft gesetzt werden können. Dieser Gedanke, der bis in die griechische Antike zurückreicht, wurde insbesondere durch Immanuel Kant neu belebt, dessen Lehrtätigkeit das Naturrecht umfasste; u.a. in „Die Metaphysik der Sitten.“ In der kantischen Tradition gilt das Natur- und Vernunftrecht als überzeitliche Konzeption, die a priori begründet ist. Nach den verbrecherischen Gesetzen und Urteilen der NS-Zeit (Rechtspositivismus) wurde das Naturrecht von dem Rechtsphilosophen Gustav Radbruch wieder aufgegriffen. Die sog. Radbruchsche Formel half bei der Aufarbeitung des nationalsozialistischen und DDR-Unrechts. Demnach solle das positive Recht im konkreten Einzelfall unwirksam sein, wenn es ein unerträgliches Maß erreicht hat, sodass es im grundsätzlichen Widerspruch zu jedweden Gerechtigkeitsgedanken steht, der der Natur des Rechts als Gerechtigkeitsordnung innewohnt. Diese Überlegungen flossen auch in die Beratungen ein, die zur Verabschiedung der UN-MRK am 10.12.1948 führten. So gibt es in der UN-MRK Begriffe, die, wie die „Würde des Menschen“, dem Naturrecht entnommen sind.
[16] So wurde auch die Sklaverei von der griechisch-römischen Antike bis ins 19. Jahrhundert naturrechtlich begründet.
[17] Literatur zum Beitrag Wiesner
Britz, G.; Das Grundrecht des Kindes auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung – jüngere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Juristenzeitung 2014, 1069.
Böckenförde W., Elternrecht-Recht des Kindes-Recht des Staates , in: Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche, Münster 1980
Coester, M., Inhalt und Funktionen des Begriffs der Kindeswohlgefährdung – Erfordernis einer Neudefinition? – Jugendamt 2008, 1
Jestaedt/ Reimer, Bonner Kommentar zum GG, Art. 6 Abs. 2 und 3, 195. Aktualisierung Dezember 2018
Schmahl, S., Kinderrechtekonvention mit Zusatzprotokollen, 2. Aufl. 2017
Schone, R., Kontrolle als Element von Sachlichkeit in den sozialpädagogischen Diensten der Kinder- und Jugendhilfe, Berlin 2008
Wapler, F., Kinderrechte, Elternrechte und die Verantwortung des Staates, Göttingen 2015
[18] Herwig Blankertz (1982): Die Geschichte der Pädagogik. Von der Aufklärung bis zur Gegenwart. S. 71
[19] Diese Aufzählung beansprucht nicht Vollständigkeit, vielmehr zeigt sie exemplarisch die weit verzweigte Ausdifferenzierung der Erziehungswissenschaft als Hochschuldisziplin. Zudem wechseln die Bezeichnungen einzelner Studiengänge, etwa als Bildungswissenschaft und Sonderpädagogik; die Master-Studiengänge ermöglichen weitere spezialisierte Schwerpunktsetzungen, etwa im Bereich der Erlebnispädagogik.
[20] Matthias Jestaedt (2011): Das Kinder- und Jugendhilferecht und das Verfassungsrecht. In: Johannes Münder/Reinhard Wiesner/ Thomas Meysen (Hrsg.) : Kinder und Jugendhilferecht. Handbuch 2. Auflage. S. 101ff., hier: S. 117
[21] Jestaedt ebenda, S. 105
[22] In der Bindungsforschung werden vier Bindungstypen unterschieden: Unsicher-vermeidende Bindung; Sichere Bindung; Unsicher-ambivalente Bindung und Unsicher-desorganisierte Bindung
[23] Der Begriff der Verhaltensfähigkeiten ist zentral im pädagogischen Geschehen, er beinhaltet die Hinwendung zu solchen Kompetenzen, etwa im kognitiven, sozialen und instrumentellen Bereich, die es dem Individuum überhaupt erst ermöglichen, seine individuellen Potentiale zur Entfaltung zu bringen.
[24] Die Technik des „Spiegelns“ übertrifft meist die positiven Effekte des Lobens, da sie präziser und handlungsorientiert das zukünftige Lernen anregt; vgl. dazu: Marita Bergsson (2011): Ich fülle meinen Handwerkskoffer. In: Umgang mit „schwierigen“ Kindern. Hg. von Marita Bergsson/Heide Luckfiel. Berlin, S. 50 – 79
[25] Zum Begriffsverständnis der Positiven Eigensteuerung: Fritz Jansen/ Uta Streit (2006): Positiv lernen. 2. Auflage. Heidelberg
[26] Vgl. dazu § 1 Abs. 1 Satz 1 im SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe: „Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“.
[27] Vgl. Jutta Struck. Die UN-Konvention über die Rechte des Kindes. Impulse für eine Erneuerung unseres Kindschafts- und Jugendrechts. Zentralblatt für Jugendrecht, 1990, 613-618
[28] BVerfGE 55, 171, 182; BVerfG, FamRZ 2014, 1843
[29] BVerfG 60, 79, 94
[30] Art. 3 (1) UN-KRK
[31] Art. 12 UN-KRK
[32] Art. 16 UN-KRK
[33] Art. 19 UN-KRK
[34] Dettenborn, H. (2014): Kindeswohl und Kindeswille. Psychologische und rechtliche Aspekte. 4. überarbeitete Auflage. München: Ernst Reinhardt Verlag.
[35] Dettenborn, H. (2014): Kindeswohl und Kindeswille, aaO.
[36] Vgl. ebd.
[37] Vgl. ebd.
[38] §1 SGB VIII
[39] §1631 (2) BGB
[40] Leidecker, L. (2018): Gefährdungseinschätzung. Ein gesetzlicher Standard ohne Standardisierung. Masterthesis, Hochschule Koblenz
[41] Vgl. Praxishandbuch Sexualisierte Gewalt gegen Kinder. Der Jugendschutzprozess vom Erstverdacht bis zum Strafurteil, Opferentschädigung und Opferprävention. Herausgeber: Sigrun von Hasseln-Grindel mit einem Geleitwort von Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit und Beiträgen von Prof. Dr. Klaus M. Beier, Gudula Jünemann, Laura Leidecker, Prof. Dr. Lennart May, Monika Paulat, Prof. Dr. Dieter Rössner, Prof. Dr. phil. Gerda Simons, 1. Auflage 2023
[42] Sigrun von Hasseln. Kindesmisshandlung, Kindesvernachlässigung und Kindesmissbrauch! Wie kann Kindern der ihnen in der Verfassung garantierte besondere Schutz durch Staat und Gesellschaft im Alltag gewährt werden? In: Dokumentation des Landespräventionsrates Brandenburg 2004.
[43] https://www.bmz.de/de/themen/kinderrechte/beteiligung-93236 )
[44] Art. 12 UN-Kinderrechtekonvention
[45] § 1626 BGB
[46] R. Hansen/R. Knauer/B. Sturzenhecker (2011): Partizipation in Kindertageseinrichtungen. So gelingt Demokratiebildung mit Kindern! Bundeszentrale für politische Bildung. Bonn
[47] Liebel, Manfred (2006): Vom Kinderschutz zur politischen Partizipation? Anmerkungen zu Praxis und
Theorie der Kinderrechte ZSE: Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation 26 1, S. 86-99
[48] https://www.bmfsfj.de/resource/blob/204010/d9be11a11f810ea712d5d650b3fc62b6/mitwirkung-mit-wirkung-qualitaetsstandards-fuer-kinder-und-jugendbeteiligung-data.pdf
[49] Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.) (2022): Qualitätsstandards für Kinder- & Jugendbeteiligung. Impulse zur Weiterentwicklung in Theorie und Praxis. Berlin.
[50] Ebd.
[51] BVerfGE 24, 119 ff.
[52] VN-Ausschuss für die Rechte des Kindes, Concluding observations on the combined third and fourth periodic reports of Germany, 25. Februar 2014, Az.: CRC/C/DEU/CO/3-4, Ziffer 10.
[53] In der vergangenen Wahlperiode sind viele Vorschläge gemacht worden, wie eigene Kindergrundrechte in die Verfassung aufgenommen werden können. Ein Vorschlag stammt von einem Aktionsbündnis Kinderrechte. Diesem Aktionsbündnis gehörten u.a. die UNICEF an, das Deutsche Kinderhilfswerk, der Deutsche Kinderschutzbund und die Deutsche Liga für das Kind. Dieses Bündnis hatte die Einfügung eines Art. 2a GG vorgeschlagen mit einem ähnlichen Wortlaut wie dem vorstehenden und nunmehr von der Arbeitsgruppe Kinderrechte in der Kommission des Sozialgerichtstages formulierten. Jedoch gibt es wesentliche Abweichungen gegenüber dem Vorschlag des Aktionsbündnisses Kinderrechte: So heißt es in Abs. 2 des neuen Art. 2a GG nicht mehr wie bei dem Aktionsbündnis, dass die staatliche Gemeinschaft die Eltern bei ihrem Erziehungsauftrag unterstützt, sondern stattdessen, dass die staatliche Gemeinschaft die Eltern bei der Wahrnehmung ihrer Erziehungsverantwortung unterstützt. Dies ist sprachlich präziser, weil andernfalls der Eindruck entstehen könnte, dass irgendjemand den Eltern einen Erziehungsauftrag erteilt habe, was der Sachlage nicht entspricht.
In Abs. 3 war bei dem von dem Aktionsbündnis Kinderrechte vorgeschlagenen Text formuliert worden, dass die Meinung des Kindes und damit seine Beteiligung in „angemessener Weise“ zu berücksichtigen sei. Den Begriff In „angemessener Weise“ hat die Arbeitsgruppe Kinderrechte gestrichen, weil dies bei allem Verwaltungshandeln selbstverständlich ist oder doch sein muss.
[54] z.B. Annette Wilmes, Interview mit Dr. Peschel-Gutzeit im Deutschlandfunk am 21.11.2022 https://www.deutschlandfunkkultur.de/kinderrechte-grundgesetz-100.html
[55] z.B. Jutta Struck. Die UN-Konvention über die Rechte des Kindes. Impulse für eine Erneuerung unseres Kindschafts- und Jugendrechts. Zentralblatt für Jugendrecht, 1990, 613-618