Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Arbeitslosenversicherung und Arbeitsförderung (SGB III – Modernisierungsgesetz)

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Deutsche Sozialgerichtstag e.V. (DSGT) dankt für die die Gelegenheit, sich im Rahmen der Anhörung zum Gesetzesvorhaben zu beteiligen.

Der DSGT befürwortet im Grundsatz die Modernisierung der Arbeitsförderung durch den Ausbau der digitalen Kommunikation, digitaler Dienstleistungen sowie der Anpassung von Förderinstrumenten. Er regt jedoch einige Änderungen und Ergänzungen der in Aussicht genommenen Regelungen gemäß Artikel 1 des Referentenentwurfs an – insbesondere zum Kooperationsplan.

Im Einzelnen nehmen wir wie folgt Stellung:

1. Zu Nr. 3: Neufassung § 9b SGB III-RefE

Bei der in § 9b SGB III-RefE geregelten Zusammenarbeit mit den für die Wahrnehmung der Aufgaben der Förderung junger Menschen zuständigen Beteiligten wird angeregt, eine Evaluation der Zusammenarbeit der BA mit den verschiedenen Trägern bei der beruflichen Integration der Jugendlichen durchzuführen. 

2. Zu Nr. 12 b) § 37 Absatz 2 Satz 2 Nr. 6 SGB III-RefE

Die vorgesehene Formulierung in § 37 Abs. 2 Nr. 6 SGB III-RefE über die Inhalte des Kooperationsplans sieht vor, dass insbesondere festgehalten werden soll: „dass bei einem möglichen Rehabilitationsbedarf auf eine entsprechende Antragstellung beim voraussichtlich zuständigen Rehabilitationsträger hingewirkt wird“. Hier weicht die Formulierung von der Parallelregelung des § 15 Abs. 2 Nr. 6 SGB II ab, wonach festgelegt werden soll, „ob ein möglicher Bedarf für Leistungen zur beruflichen oder medizinischen Rehabilitation mit dem Ziel einer entsprechenden Antragstellung in Betracht kommt.“ Es wird empfohlen, die Formulierung aus dem SGB II zu übernehmen. Das hätte die Klarstellung zur Folge, dass auch eine Entgegennahme des Antrages bei der BA für einen anderen Rehabilitationsträger erfolgen kann.

3. Zu Art 1 Nr. 12 b): Neuregelung in § 37 Absatz 3 Satz 2 SGB III-RefE

Der neugeschaffene § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB III-RefE sieht vor, dass ein Kooperationsplan erstellt werden soll. Dieser Kooperationsplan soll wiederum nach § 37 Abs. 3 Satz 2 SGB III-RefE gemeinsam überprüft, angepasst und fortgeschrieben werden. Aus der Begründung (S. 46 und 47) ergibt sich, dass bereits Vorstellungen des Gesetzgebers bestehen, in welchen begründeten Einzelfällen von der Erstellung beziehungsweise Überprüfung, Anpassung oder Fortschreibung des Kooperationsplans abgesehen werden kann (zeitnahes Ende der Arbeitslosigkeit wegen Arbeitsaufnahme, Mutterschutz, Ruhestand) oder wann nicht (keine Unterscheidung nach den beruflichen Eingliederungschancen der ausbildung- oder arbeitsuchenden Personen). Hier wird vorgeschlagen, die Neuregelung entsprechend um die genannten Einzelfälle zu ergänzen, um Auslegungsfragen zu vermeiden.

4. Zu Art 1 Nr. 30 a): Änderung des § 138 SGB III-RefE

Die im Referentenentwurf vorgesehene Ersetzung der Wörter in Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 „Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung“ durch die Wörter „Absprachen aus dem Kooperationsplan“ hätte zur Folge, dass der rechtlich unverbindliche Kooperationsplan (Begründung S. 46) Gegenstand der Verpflichtung zu Eigenbemühungen (§ 138 Abs. 1 Nr. 2 SGB III) wird. Eine Verletzung der Absprachen aus dem Kooperationsplan könnte damit zum Wegfall der Arbeitslosigkeit und des Arbeitslosengeldanspruchs führen. Gleichzustellen mit den nach bisheriger Rechtslage geltenden „Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung“ dürften im vorliegenden Regelungszusammenhang jedoch nicht die Absprachen im Kooperationsplan sein, sondern der Verwaltungsakt „mit Rechtsfolgenbelehrung zu Eigenbemühungen“ (Begründung S. 47), der ergehen kann, wenn die im Kooperationsplan festgehaltenen Nachweise nicht erbracht worden sind. Zur Klarstellung wird daher vorschlagen, dass hier die geplante Formulierung „Absprachen aus dem Kooperationsplan“ geändert wird in „Verpflichtungen aus der Aufforderung nach § 37 Abs. 4 und 5“. Dies dürfte auch der ab 1.7.2023 geltenden Regelung in § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB II entsprechen. 

5. Zu Art 1 Nr. 37: Neufassung § 164 Nr. 2 SGB III-RefE

Die vorgesehene Anordnungsermächtigung in § 164 Nr. 2 SGB III-RefE zu weiteren zeitlich begrenzten Ausnahmen der Erreichbarkeit bzw. Möglichkeit der Kenntnisnahme von Mitteilungen und Vorschlägen erscheint aufgrund der bisherigen Erfahrungen nicht zielführend. Das Instrument der Anordnungsermächtigung hat sich in Bezug auf die darauf gestützte Erreichbarkeits-Anordnung als eher wirkungsarm erwiesen. Trotz Änderungsbedarfs ist diese seit 1998 nur einmal geändert worden. So wurde nicht einmal die Umbenennung der Bundesanstalt in Bundesagentur nachvollzogen. Da das BMAS über § 372 Abs. 4 SGB III ohnehin die Befugnis zu ersetzenden Rechtsverordnungen hat, wäre es zielführender, die Ermächtigung von vornherein als Verordnungsermächtigung in § 163 SGB III aufzunehmen. Dadurch wäre künftig auch eine Synchronisierung mit der für den Rechtskreis der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf der Grundlage von § 13 Abs. 3 SGB II erlassenen Erreichbarkeits-Verordnung leichter möglich. Unmittelbarer Regelungsbedarf würde mit dem Inkrafttreten des SGB III-Modernisierungsgesetzes beispielsweise zu § 8 der Erreichbarkeits-Verordnung bestehen, der in seiner geltenden Fassung auf § 3 der Erreichbarkeits-Anordnung verweist. 

Kassel, 24. Juli 2024

Michael Löher
Vizepräsident des Deutschen Sozialgerichtstages e.V.